Der Neue

Wir waren traurig als unser Brennofen nach 30 Jahren kaputt ging. Beenden wir unsere künstlerisch Arbeit mit Ton? Tano entschied und bestellte einen „Neuen“. Nach unendlich langen drei Wartemonaten stand er verpackt in einem Riesenpaket vor unserer Garage.

Wie kommt er in den Keller? Alle angerufenen Umzugsfirmen sagten ab oder gaben keine Antwort. „Starke Buben“ fanden wir in einem Reklameblatt. Sie waren nett und stark.

Während ich noch die Betriebsanleitung studierte, schaltete Ricardo schon den Controller zum Einbrennbrand ein. Der erste mit Keramiken gefüllte Hochbrand stieg so flott hoch wie unser alter Ofen. Doch der Temperaturabstieg zog sich, dehnte die Minuten und sprengte meinen Nerven.

Tonas Gedanken zum neuen Ofen

30 Jahre hat der alte Brennofen uns gedient. Wir freuten uns über gelungene Werke und waren enttäuscht, wenn eine selbsterfundene Glasur nicht schmolz oder ablief. Wir waren stolz, wenn eine Plastik einen Liebhaber fand und freuen uns immer noch über Mosaikkugeln in einem fremden Garten und Kreuzwegstationen in einem Exerzitienhaus.

Nun, der neue Brennofen ist sichtbar ein Fehlkauf. Noch einmal 30 Jahre übersteigt er unsere Lebenserwartung um Jahrzehnte, aber was solls …

Rauchbrand in der Tonne mit Inselromantik

Das Paradies liegt nicht zwischen Euphrat und Tigris sondern ganz nah, zwischen dem Wackbach und dem Wiesbach. Nur eine schmale kleine Brücke führt zu dem Stückchen Land, auf dem sich diese zwei Bäche vereinigen und letztendlich in Richtung Garten Eden fließen. Zusammen mit den Flüssen Leitzach, Mangfall, Inn und Donau erreichen sie das Schwarze Meer. Diesen Weg wollte auch unsere Holzbrand-Tonne nehmen.

Bevor ich die Geschichte erzähle, möchte ich noch das paradiesische Plätzchen unserer Freunde Christl und Reinhard beschreiben. Sie leben dort wie auf einer Insel. Es gibt nur ein Häuschen, einen Schuppen, eine Töpferwerkstatt, eine Wiese, einen Garten und einen Strandkorb. Letzterer fällt einem zuerst ins Auge. Passt so gar nicht zu den bayrischen Bewohnern und ihrem Haus mit Fensterläden und Geranien in den Blumenkästen.

Während die Gastgeberin den Kaffee vorbereitete, genossen wir liegend im Strandkorb die Inselromantik, die Atmosphäre und den Liebreiz um uns herum. Statt Meeresrauschen hörten wir das Plätschern des Wackbaches und statt Sandhäufchen sahen wir zur rechten Seite den Wendelstein und links den Seeberg. Urlaubsstimmung pur.

Tano und ich sind jedoch auf die Insel gekommen, um zu arbeiten und gemeinsam Christls und meine Keramiken in der Tonne zu brennen.

HolzbrandAbgeschieden von der Zivilisation störte der anfängliche Rauch niemanden. Wir Frauen schlichteten unsere Keramikwerke zwischen Sägespäne und Holz in die Tonne. Ums Holz kümmerte sich Reinhard und ums Feuer Tano. Vorgenommen hatten wir uns, die Tonne erst auszuleeren, wenn der Brand völlig zu Ende war.

Vor unserem Abschied holte Tano für mich Ungeduldige noch einige obenliegende Schüsselchen heraus. Besonders gute Farbnuancen bekamen meine Arbeiten nicht. Christls Warten auf den nächsten Tag hatte sich gelohnt.

Die Geschichte mit der Tonne ist noch nicht zu Ende erzählt. Beim Säubern der Tonne rutschte die Tonne über die Bachböschung und schwamm wie ein Boot in Richtung Schwarzes Meer. Zum Glück hielt sie ein Fels an der Inselspitze fest.

„Des mach ma boid wida“ waren unsere Abschiedsworte.

Aber nicht an einem Wochenende, denn da gleicht die Insel eher einer Arche Noah. Gleich über dem Bach verläuft die Hauptstraße, auf der die Motorradfahrer zum Sudenfeld hoch brausen, oder im Winter die Skifahrerkarawane vorbeizieht.

Daheim angekommen, noch ganz befangen vom himmlischen Aufenthalt auf der Insel, spürte ich plötzlich, dass auch wir paradiesisch leben, zwischen Walberg und See, zwischen dem Bach der Weißach und der Bauernwiese mit Kühen und Pferden.

Unsere Weißach mündet in den Tegernse, deren Ausfluß die Mangfall ist und letztes Ende wie der Wies- und Wackbach das Schwarze Meer speist.