Vor 50 Jahren gingen unsere Wege auseinander. Sie ging nach Schweden, ich blieb. Wir verloren uns, aber nie ganz aus den Augen. Unsere fünf Jahre gemeinsamer Schulzeit im Kloster der Armen Schulschwestern schweißten uns zusammen. Die Kunstbegeisterung unserer Lieblingslehrerin, Schwester Gunifortis, schwappte auf uns über. Wir lernten, die S-Form einer gotischen Marienfigur schön zu finden und eine Apostelfigur der Nazarener als sentimental zu sehen.
Sie, Toni aber war`s, die mich ins Haus der Kunst mitschleppte. Sie kannte St. Andreas, den ersten modernen Kirchenbau in München. Sie wusste wo wir Sep Rufs neue Kirchenbauten bewundern konnten.
Vor ein paar Tagen bekam ich von Toni ein Päckchen mit einem wunderschönen kleinen Büchlein, einem Katolsk Bönbok aus dem Verlag ihrer Tochter und Schwiegersohns. Der Goldschnitt, die hauchdünnen Seiten und die verschiedenfarbigen Stoffeinmerker machen das Gebetbuch zu einer kleinen Kostbarkeit. Ich freute mich so sehr, dass ich sogar die Nazarenerbilder und die verschnörkelten Verzierungen schön fand.
Vor einigen Jahren zeigte die Frankfurter Schirn die Nazarener in einer Ausstellung. Wer weiß, ob noch weitere folgen.
Ich lese gern im Bönbok, obwohl ich nicht Schwedisch kann, aber die Gebete sind einfach bekannt und die Worte klingen so schön althochdeutsch:
Herre, förbrma dig. God Fader i himmelen. O Gud, vi lovar dig.