Biennale Venedig 2013

Drei Kilo und 284 Gramm „Katalog“ schleppte Riccardo vom Büchershop der Biennale zu unserem Hotel in Mestre. Der Katalog ist in zwei Bücher aufgeteilt, Hauptausstellungen und Länderbeiträge. Ich hätte ihn nicht gekauft. Doch ich war dann doch sehr froh, nachschauen zu können. Es gab viel zu viel zum Sehen, manches habe ich gleich vergessen und manches übersah ich.

Massimiliano Gioni, der Biennaledirektor, nannte die zentralen Ausstellungen in den Giardini und dem Arsenal „Palazzo  Enciclopedico“. Die vielen unterschiedlichen Ausstellungsstücke verwirrten mich. Fotos von Familienalben und afrikanischen Haarfrisuren, eine Performance vor Tafelzeichnungen von Rudolf Steiner, Häuser für eine Spielzeug-Eisenbahnlandschaft und eine Steinsammlung – ergaben für mich ein Sammelsurium einer Wunderkammer.

Erst langsam erschloss sich mir Gionis Anliegen, die Frage, was ist Kunst.

Er wählte verstorbene und junge Künstler aus, Bekannte und Unbekannte. Er unterschied nicht zwischen Außenseitern, Autodidakten, Hobbyisten und Berufskünstlern. Es ging ihm um Echtheit und Glaubwürdigkeit, Phantasie und Leidenschaft, um die Suche des Ursprungs der Kreativität. Weg vom Markt und Stargehabe.

Für mich sind es mutige, neu ausgesprochene Gedanken, die Gioni  in einer der größten und bedeutsamsten Kunstausstellung der Welt eindrücklich sichtbar machte.

An dem Tag, als wir heim kamen, las ich in unserer Tegernseer Zeitung ein Interview mit dem Organisator der Bayrischzeller Kunstausstellung mit der zur Biennale konträren Überschrift „Hobbymaler haben keine Chance mehr“ und als Schlusssatz „Ich möchte noch mehr namhafte und interessante Künstler einladen.“ Interessant kann man gelten lassen.

 

Zurück von der Biennale…

SS Hangover (Performance von Ragnar Kjartansson)Um zum ersten Mal die Biennale in Venedig zu erleben, brachte ich es übers Herz mein schönes Tal für mehr als einen Tag zu verlassen. Ich muss sagen: der Besuch hat sich sehr gelohnt… Nun bin ich mit einem unvergesslichem Eindruck aus tausenden Impressionen im Gepäck wieder zurück.
Vogel besucht den Spanischen Pavillon

Wer die Biennale auch besuchen will, dem rate ich: zwei Tage sind viel zu kurz! Die schiere Menge an Kunst und deren unglaubliche kreative Energie ließen mich schon bald in einem fast rauschartigen Zustand durch die Hallen und Pavillons taumeln. Keine Frage, der Kurator Massimiliano Gioni hat in meinen Augen seine Aufgabe mit dem Palazzo Enciclopedico mehr als erfüllt: weg vom Establishment, den großen Namen und Superlativen (oder den „Schreiand’n Sach’n“ wie es meine Mutter gerne in schönem Bayrisch formuliert) hin zum eigentlichen Wesen der Kunst wie es sich manchmal nur dort zeigen kann wo die Regeln des Marktes keine Rolle spielen.
Viele Werke empfand ich als sehr intim und bewegend, zeigten sie doch einen tiefen Einblick in die Welt des Künstlers, so wie er wohl nie für solch einen Rahmen bestimmt war. Auch zum Beispiel das komplett ausgestellte Comicheft der Schöpfungsgeschichte, eine Steinsammlung, oder das Namens gebende Modell einer Enzyklopädie für das gesamte Wissen der Menschheit hätte man nicht in solch einer Ausstellung erwartet.
Für mich eine Huldigung an die Kreativität oder künstlerische Schöpfungskraft an sich, eine Ausstellung die Antworten nach den tiefen Fragen der Kunst für jeden Suchenden bereithält.Rostige Säule im Arsenale

Ich unter Ai Waiwai's InstallationNach diesen bewegenden Eindrücken (man darf sich die enorme ÜberWeltDichtheit 😉 vorstellen) ging es weiter auf eine Weltreise durch die Pavillons der beteiligten Länder auf diesem grandiosen „Rummelplatz“ der Kunst…

Bild 1: SS Hangover (Performance von Ragnar Kjartansson)
Bild 2: Vogel besucht den Spanischen Pavillon
Bild 3: Rostige Säule im Arsenale (Kein Ausstellungsstück sondern Teil des Gebäudes)
Bild 4: Ich unter Ai Waiwai’s Installation im Deutschen Pavillon

 

 

Wieder zurück in Bayern Ist dieses Bild entstanden, höchstwahrscheinlich inspiriert durch die überfüllten venezianischen Fähren:

Bummelboot
Bummelboot (Bleistift auf Papier)