Unser Nussbaum

Es war in der Emilia Romagna, im Dorf Serpiano, das 1030 m über dem Meeresspiegel liegt, in dem die Sterne in der Nacht zahlreicher, größer und heller leuchteten als irgendwo sonst. Es gab dort eine Kirche, einen Dorfbrunnen und ein Geschäft, in dem man einkaufen, übernachten und Post abgeben konnte und eine alte Steinmauer. Die Mauer sei aus der Barbarossa-Zeit behauptete Tanos Tante, sie gehöre zu ihrem Haus. Es war kalt in dem hochgelegen Dorf, deshalb durfte in ihrer Küche eine Henne brüten.

In ihrem Garten gab es einen alten Walnussbaum…

Von diesem Baum keimte eine Nuss in unserem Rottacher Garten, wuchs und breitete sich Jahr für Jahr weiter aus. Die Nüsse waren gut. Für Gemüsepflanzen und für uns im Haus wurde es jedes Jahr schattiger. Das Fällen verschoben wir immer wieder aufs nächste Jahr. Ein Sturm übernahm es dann für uns.

Wir waren froh und traurig zugleich. Doch der Nussbaum hinterließ uns einen Sämling.

Wir pflanzen ihn hinter das Haus. Fast unbemerkt und viel zu schnell stand ein neuer Baum. Der Nachbar sorgt sich jetzt über den Schatten, deshalb stutzte Riccardo heuer seine Spitze und fand sechs große Nüsse, die ersten, die er trug. 

Hoffentlich verkraftet der Baum den Schnitt. Die Geschichte begann, als Riccardo noch kein ganzes Jahr alt war.

Ostern 2017

Mit dem Skizzenbuch im Gepäck kam Pina zu ihren Eltern. Endlich hat sie einmal Zeit als Urban Sketcherin die schönen Ecken von Rottach-Egern zu entdecken. Daraus wurde nichts. Regen und nur 5 Grad Celsius hielten sie im Haus fest. Dafür entstanden wunderschöne Porträts der Eltern und von zwei ihrer Geschwister.

Kriegs- und Einmarschberichte 1945

Am letzten Samstag, den 28. März, hörten Tano und ich einen Vortrag über die letzten Kriegstage im Tegernseer Tal.
Zwei junge Historiker, Dr. Veronika Diem und Dr. Roland Götz, lasen aus den Kriegs- und Einmarschberichten der Pfarrer des Erzbistums München und Freising. Das Münchner Ordinariat forderte nach dem Krieg alle Pfarrer auf, über die Vorkommnisse der damaligen Zeit zu berichten. Am 1. August 1945 mussten alle Abgabeberichte im Ordinariat sein.
Das Tal war überfüllt mit Flüchtlingen, Ausgebombten, evakuierten Kindern und Kriegsverletzten. Eine SS-Division baute in Bad Wiessee und St. Quirin eine Verteidigungslinie gegen die aus Bad Tölz heranrückenden Amerikaner auf. So kam es, dass noch kurz vor Ende des Krieges ein Bombenangriff der Amerikaner auf das Tegernseer Tal drohte. In letzter Minute verhinderten es mutige Bürger.

Pfarrer Kronast

Pfarrer Kronast

Neugierig war ich, was unser alter Pfarrer Kronast (1902-1989), der unsere Kinder taufte und lange Jahre mein Chef war, geschrieben hatte. Sein Bericht trudelte verspätet im Oktober 1945 ein.
Er schrieb wenig: ein Haus brannte, die Weißachbrücke wurde gesprengt und 300 Dachauer KZ ler mussten zurück nach Waakirchen gehen. Das wichtigste war ihm die Wiederbelebung der Marienwallfahrt zur Egerner Madonna, die 1806 vom Staat aufgehoben wurde. Egern sollte wieder Wallfahrtsort werden. Am 13. Oktober pilgerten die Gläubigen zum Dank nach Birkenstein.

Fast alle Pfarrer berichteten, wieviel Kirchenwein sie noch vorrätig hätten. Das brachte die Zuhörer zum Schmunzeln. Roland Götz erklärte, wie wichtig das war. Ohne Wein konnte keine Messe gefeiert werden.

Ein Stückchen Stuck in meinen Händen

1960 gab der damalige Pfarrer Josef Kronast eine kleine Chronik der Pfarrei Egern heraus – „Rottach-Egern am Tegernsee“. Darin steht über die Barockisierung des spätgotischen Innenraums der Rottach-Egerner Kirche folgendes:

„Schlierseer Maurer-Stukkateure haben 1671/72 die Egerner Kirche ausstukkiert. Überliefert sind uns die Namen des Poliers Martin Fischer, der Geselle Hans Nagel, Hans Gaißl und Kaspar Erhardt, des Gipskochers Martin Ehamb.

Der Stuck stammt aus der Frühzeit bairischen Barocks. Mag die Arbeit auch etwas plump sein, sie ist uns ein Zeugnis der Anfangsepoche bairischen Stucks, den einheimischen Meister schufen (Miesbacher Schule!). Der Stuck zeigt Symbole des Glaubens. Die Weintraube weist auf die Eucharistie hin.“

Zur Zeit, als Pfarrer Alfons Siegl in Rottach-Egern war, wurde der Stuck in der Kirche gereinigt. Ein Stückchen Stuck, ein Abguss von einer Original-Weintraube, schenkte Pfarrer Siegel mir. Leider ist sie nicht von einem Original aus der Kirche. Zu meiner Traube würde auch die Beschreibung von Pfarrer Kronast nicht passen.

Nachtrag:
In der Chronik von Pfarrer Kronast las ich einen kurzen aber interessanten Beitrag:

Am 2. Juni 1452 (heute vor 560 Jahren) verlieh Kardinal Nikolaus von Cusa allen einen Ablaß von 40 Tagen, die zum Bau der Egerer Kirche oder deren Ausschmückung beitragen.“

Den Ablasshandel gab es nicht nur für den Bau der Peterskirche in Rom.

Die katholische Kirche in Rottach-Egern

Zum Jubiläumsjahr „900 Jahre Kirche in Egern“ wurde der 51 Meter hohe Kirchturm neu gestrichen, die Zifferblätter erneuert und die goldene Kugel und das Kreuz an der Spitze restauriert.

Bis heute ist die gotische Kirche am See vor der Alpenkulisse ein beliebtes Postkartenmotiv. Auch in unserem Eingang hängen Bilder vom „Malerwinkel“: ein Aquarell, eine Radierung, Fotos und zwei alte Postkarten von meiner Großtante. Neugierig habe ich die Karten entrahmt und sah, dass sie im Jahr 1904 abgestempelt wurden. Das 100 jährige Jubiläum habe ich verpasst. Verändert hat sich wenig.

900 Jahre Kirche Egern

Im Jahre 1111 oder 1112 ließ Abt Aribo von Tegernsee die erste Kirche in Egern bauen. 1466 wurde dann unter Abt Ayrinschmalz der heutige Kirchenbau an der gleichen Stelle errichtet. Grund, ein Festjahr zu organisieren.

Zum Abschluss des Jubiläums wurde ein Gottesdienst mit Kardinal Reinhard Marx, dem Erzbischof von München und Freising, gefeiert. Wie es sich bei uns gehört, begann das Fest mit einem Kirchenzug.

Voran ging die Musikkapelle. Es folgten Vertreter der Politik, vom ehemaligen Europaabgeordneten bis zum Landrat und Gemeinderat. Alles, was Rang und Namen hat, machte mit, die Vereinsmitglieder mit ihren Fahnen, die Gebirgsschützen und die Schalkfrauen.

Es war ein bunter, bayrischer Festzug, doch sehr echt und authentisch. Es gab kaum neugierige Touristen, keine Polizei, die absperrte, niemanden, den die geparkten Autos störten. Fast genierte ich mich zu fotografieren, stand ich ja ziemlich allein mit Tano am Straßenrand. Dem Kardinal fiel es auf und er schenkte uns einen freundlichen Gruß.

 

Schatz auf dem Kirchenspeicher

Riccardo zeigte im vorangegangenen Eintrag die Venus von Velazquez (1599 – 1660). Jetzt möchte ich konträr dazu das „Heilige Grab“ zeigen, das zurzeit in der Rottach-Egerner Kirche aufgestellt ist. Das Verbindende ist, dass beide bedeutende, barocke Kunstwerke sind.

In der Barockzeit versuchte die Kirche den Gläubigen das Leiden und die Auferstehung Jesu besonders anschaulich nahe zu bringen. Mit einem theatralischen Kulissenaufbau und Aufstellbildern stellte man das „Heilige Grab“ dar.

Auf dem Kirchenspeicher fand man vor einigen Jahren die vollständig vorhandenen Teile eines solchen Grabes. Bemalt wurde die Kulisse von dem Münchner Kirchen- und Theatermaler Joseph Ignaz Schilling (1702 -1773). Man erkannte den künstlerischen Wert und ließ es für 360.000 € restaurieren.

Auf mein Bitten hin malte Pina für mich die Szene. Mit den Aquarellfarben konnte sie sehr gut die typischen Merkmale des Barocks herausarbeiten, wie Farbe, Bewegung, Licht und Schatten.

Man kann sich vorstellen, welch starke Emotionen das Grab früher bei den Gläubigen auslöste. Die realistische, dramatische Bühnenanlage, ein Denkmal der damaligen Volksfrömmigkeit, berührt auch uns.

Aquarell von Pina: Das „Heilige Grab“ in der Kirche zu Rottach-Egern