Flandernreise
Ein holländischer Vermeer Himmel oder passender gesagt ein René Magritte Himmel begrüßte uns schon vor Aachen.
Nachdem wir die Maas überquert hatten und die Beleuchtungsanlagen an der Autobahn sahen, wussten wir, wir sind in Belgien.
Brüssel
Die Hauptstadt streifte unser Bus nur am Rande. Hinter Häusern und Bäumen konnte man das Brüsseler Wahrzeichen, das Atomium entdecken. Meine Fotos, die ich aus dem fahrenden Bus machte, sind alle verwackelt. Nur auf einem Bild erkennt man eine Liebesszene vor einem Hauseingang. Ein junger Mann streichelt mit einer Rose das Gesicht seiner Angebeteten.
Antwerpen
Es war auf der Treppe, mitten auf dem Bahnhof von Antwerpen. Ein Bräutigam überreicht seiner Braut den Brautstrauß. Er wurde von einem Fotografen angewiesen, wie er stehen sollte, mal musste er knien, mal sich verbeugen. Wie kann man ein Bahnhofsgebäude als Kulisse für Hochzeitsbilder wählen? Nur wer den Bahnhof gesehen hat, versteht es.
Der Bahnhof ist der Drittschönste der Welt.
Schokoladenherzen, Schokoladenhasen – nein, in Antwerpen kauft man als Mitbringsel Schokoladenhände. Der Sage nach lebte ein Riese am Hafen. Dieser terrorisierte und schädigte die Händler durch horrend hohe Steuern. Ein römischer Legionär besiegt ihn, hackte ihm die Hand ab und warf sie in den Fluss der Stadt, der Scheide. Aus „Hand werfen“ wurde Ant-werpen. Die Stadt konnte sich wieder erholen und sich weiterentwickeln. Sie hat nun den zweitgrößten Hafen Europas. Jeder zweite Diamant der Welt wird hier geschliffen.
Statt „essen zu gehen“ besuchten wir das MuHKA, ein Museum für moderne und zeitgenössische Kunst.
Der moderne Bau, von außen gesehen, brachte uns schon in Stimmung. Erst recht, als wir die Künstler der Sonderausstellung „Show me yours i`ll show you mine“ trafen. Vaast Colson und Kati Heck hielten gerade eine Signierstunde ab. Jetzt wünschen wir den Beiden nur noch, dass sie berühmt werden. Von jedem Künstler haben wir eine kleine Originalzeichnung in unserem Katalog.
Am Nordseestrand
An der Nordsee-Strandpromenade von Oostende fühlte ich mich wie in Jesolo am Mittelmeer. Statt Hotels säumten hohe Apartmenthäuser die Uferstraße.
Dagegen war die Fahrt mit unserem Bus entlang der Nordseeküste einmalig.
Wir fuhren auf der gleichen Route, wie die dortige Kusttram (Küstentram). Diese Überlandstraßenbahn, übrigens die längste der Welt, verbindet die Badeorte. Wunderschön waren die stilvollen Villen im Art déco Stil. Ich fühlte mich hundert Jahre zurückgesetzt, als wir an den original erhaltenen Jugendstil-Tramstationen vorbei fuhren.
Brügge
In Flandern waren die Häuser meist unverputzt. Am schönsten fand ich sie in der mittelalterlichen Stadt Brügge. Zwischen gelb, beige, rot, und braun changierten die Farben der Ziegel. Immer wieder musste ich stehen bleiben und sie fotografieren.
Sogar die Brüggener Liebfrauenkirche hat einen Backsteinturm. Er ist der zweithöchste in Belgien, erklärt der Stadtführer. Stolz fiel mir ein, dass der höchste Backsteinturm der Welt mit 130 Metern im niederbayerischen Landshut steht.
Aus einem Bauschuttcontainer fischte ich drei alte Ziegelsteine und schleppte sie dann durch die halbe Stadt. Sogar hoch zum Dachgeschoss der bekannten Brauerei „De Halv Maan“ (Halbmond) trug ich sie. Tano erbarmte sich aber bald und steckte sie in seinen Rucksack.
In der Heilig-Blut-Basilika in Brügge wird eine Ampulle mit dem Blut Christi aufbewahrt. Diese Reliquie erhielt im 13. Jh. ein Kreuzritter für seine tapferen Taten. Zu lange musste ich mich anstellen, um sie zu sehen. Nur kurz konnte ich deshalb in der romanischen Basilius-Kapelle aus dem Jahr 1149 bleiben. Schade! Dafür besitze ich jetzt ein Bildchen, das ich für die geforderte Spende bei der Blut-Reliquie bekam.
Am Abend waren Tano und ich zu müde, um ein Lokal zu suchen. Wir fanden in einer Kirche eine Bank zum Ausruhen. Unerwartet wurde für eine Hand voll Gläubigen eine Messe zelebriert. Wir feierten mit und wurden am Ende des Gottesdienstes herzlich von einer Messnerin begrüßt. Sie wünschte uns einen schönen Urlaub.
Gent
In Gent blies uns ein starker Wind entgegen. Ein Drache auf der Spitze des Wachturms, Belfried genannt, zeigte uns woher der Wind kam. In vielen flämischen Orten fielen uns solche imposanten Türme auf. Dort tagte im Mittelalter der Rat. Von oben konnte der Wächter die Stadt beobachten. Beim Bau der Türme wetteiferten die Städte untereinander und übertrumpften sogar manchmal die Kirchtürme. Auch die Bürger mit ihren Zünften wetteiferten beim Häuserbau. Jetzt sind sie Anziehungspunkt für Touristen und Erwerbsquelle für Restauratoren.
Der Genter Altar
Es schien, alle aus unserer Reisegruppe kannten den Genter Altar. Zu meiner Schande, ich kannte den Isenheimer Altar, den Dreikönigsaltar in Köln … aber nicht den Genter „Lamm Gottes“ Altar. Machte nichts, der Reiz des Neuen wirkte umso stärker.
Flussschifffahrt auf der Leie.
In der Ausschreibung der Bootsfahrt wurde am Ende ein Spaziergang in den Malerdörfern der Künstlerkolonie versprochen. Das Ziel gab es nicht oder wir erreichten es nicht.
Wir fuhren 2 1/4 Stunden abwärts und 2 1/4 Stunden aufwärts – den Duft des Grillfeuers der Schiffsköche in der Nase – vorbei an Yachten und Villen. Die Häuser waren in allen möglichen und unmöglichen Stilen gebaut. Ein Tummelplatz für Architekten, und fantasiebegabte Bauherren oder einfach nur für reiche Besitzer. In den Gärten sah man Kunstwerke, von der Aphrodite bis zur grünen Plastikkuh, vom bronzenen Frauenpopo bis zur römischen Amphore. Einheitlich waren nur die kugelrund geschnitten Büsche, die zugestutzten Bäume, die wie Mahnmale wirkten und die kurz rasierten Rasenflächen.Tano ließ sich bald von den Wellen in den Schlaf wiegen. Eine Entenmutter zog mit ihren Jungen vorbei und einen Reiher flog über das Boot.
Heimfahrt über Luxemburg
Ein Umweg durch die Stadt war nicht mehr möglich. Für den Busfahrer wurde durch den langen Stau die Zeit schon knapp. Es reichte nur für eine Pause an einer Raststelle. Ich entdeckte ein neues Verbots- und Gebotszeichen für Hunde und Hundebesitzer. Ob es eine luxemburgische Besonderheit ist, weiß ich nicht. Vielleicht können Hunde sie einmal lesen.