Eine Standlfrau erzählt

Das Tohuwabohu beim Ausräumen der Bude wird es heuer nicht geben. Also standen Tano und ich am Montag schon um 6 Uhr in der früh in unserer Hütte. Es war finster, Strom gab es noch nicht. Den einzigen Lichtblick bekamen wir mit unserer kleinen Taschenlampe. Nur keine Panik. Es muss nur das Richtige in die richtige Schachtel gefüllt werden. Klappte, bis wir am Ende dann doch nur dachten, hauptsächlich alles kommt ins Auto, alle Nägel sind gezogen und der Boden ist sauber. Die Hoffnung, meine am Tag vorher verlorene neue Brille zu finden, erfüllte sich auch nicht.

Ich jammerte Tano vor, umgekehrt er mir. Das Tohuwabohu der Schachteln und Kisten ist nichts gegen Tanos Einkaufsstress. Überfüllte Straßen, volle Parkplätze und Riesenschlangen vor Lidl- und Aldikassen. Er schimpfte über die Bank, die zum Tauschen von Scheinen für zwei Rollen Münzen seit neuestem 60 Cent verlangt. Er wollte sie den Kindern für ihre Waschmaschinen im Miethaus besorgen.

Unser Weihnachtsbaum

Heuer war ich dran, den Weihnachtsbaum zu schmücken. “Hab ich schnell“ – hätte nicht jedes Teilchen ein festklebendes Preisschildchen gehabt. Die Porzellansterne, die auf dem Markt zu Ladenhüter wurden, hatten jetzt Premiere.

Unser Krippenfiguren

Noch in der letzten Adventswoche standen sie im Brennofen. Den kolumbianischen Künstler Fernando Botero hatte ich im Kopf. Seine Figuren in der Ausstellung vor zwei Jahren in Passau mit überzeichneten Proportionen und reduzierten Details hatten mich beeindruckt. Ich hatte einfach Lust, einen Batzen Ton in die Hände zu nehmen, ihn in eine kompakte einfache Form zu drücken, und alles Kleinklein zu vergessen.

Freude und schlechtes Gewissen.

Ich erinner mich gar nicht mehr an persönliche Weinachtpost. Diese Jahr fand ich zwischen den vielen Reklamen zwei handgeschrieben Weihnachtsbriefe. Wunderschön. Danke. Da drückt mich natürlich das schlechte Gewissen. Nicht einmal den vielen Facebookfreunden habe ich geantwortet. Es ist schön, so viele liebe Bekannte und Freunde zu haben. Ich möchte allen danken und die guten Wünsche auch zurück und weiter geben. Besonders gefreut hat mich eine E-Mail von einem Krippenfreund, der mir Bilder seiner Krippe am heiligen Abend schickte, in der ich meine Figuren erkannte.

Ausstellung: Fernando Botero Museum Moderner Kunst Passau

Ausstellung im Museum Moderner Kunst Wörlen in Passau – Boterosutra

Der Zug, in dem wir saßen, bewegte sich nicht mehr. Tano und ich mussten umsteigen. Als wir endlich vor dem Tor des Passauer Museums standen, waren, mit dem Fußweg entlang der Donau, fünfeinhalb Stunden vergangen.

Am Eingang warnte ein Zettel, dass die Bilderschau nicht für unter 16-jährige geeignet ist. Verständlich, denn ich las daheim schon, dass der Künstler Fernando Botero sich von der indischen Liebenskunst aus dem Kamasutra anregen lies. Er nannte seine Bilderserie selbstironisch sogar Botero-Sutra.

Wer sich erhoffte, pornografische Szenen zu sehen, wurde enttäuscht. Die nackten Körper waren füllig überzeichnet, doch die Geschlechtsteile konnte man nur erahnen. Dagegen waren Arme, Busen, und Beine übertrieben voluminös dargestellt. Erotisch und verführerisch wirkten die Körper nur durch die zarten, trotzdem leuchtenden Hautfarben. Abgelenkt haben mich Details, wie die Schleife im Haar der Frau, die Armbanduhr am Gelenk des Mannes oder das Muster des Betttuches.

Am Ende unserer Besichtigung war ich müde und meine Augen waren satt. Auf den 70 ausgestellten Bildern, alle mit dem gleichen Thema und dem gleichen Mann, veränderte sich nur die Lage der Liebenden, von oben nach unten und von links nach rechts. In der Erinnerung verschmolzen die vielen ähnlichen Bilder zu Einem.

Abends um halb neun waren wir wieder daheim. Tano und ich bereuten die kleine Ober-Niederbayerische-Weltreise aber nicht.