„Schiff Ahoy“ Brandhorstmuseum Teil 2

Zeitgenössische Kunst aus der Sammlung Brandhorst

Minimal Art, Postminimal, Arte Povera und Konzeptkunst versprachen die Anzeigen zur Ausstellung. Ich freute mich.

Die Liebe zur Kunst der 1960er- und frühen 1970er-Jahre, hauptsächlich zur Arte Povera, wurde bei mir in Italien geweckt. Sie begann vor vielen Jahren am Canal Grande im Peggy Guggenheim Museum, als ich das Iglu von Mario Merz sah. Das Drumherum, der Palazzo, die Stadt Venedig hatten die Zuneigung sicher noch verstärkt.

Jetzt im Brandhorst Museum war ich von Mario Merz‘ Werk nicht so begeistert, einer Lederjacke mit Holzreisig und Neonröhre. Es zeigte mir aber welche „unkünstlerischen“ Materialien die Künstler verwandten. Carl Andres betretbare Bodenarbeit war aus Metallplatten. Hubert Kiecols Objekte waren aus Beton. Warhol spritzte mit Urin auf Kupferplatten. Kelly Walker bemalte eine Matratze.

Ein Wandtext erklärte, dass die Minimal-Art-Künstler frei sein wollten von Merkmalen und Sinnbildern, sie begrenzten sich auf Form, Farbe und Größe. Frank Stella fasste es zusammen: „Was man sieht, ist, was man sieht.“

Einen Text über die Konzeptkunst fand ich auch interessant. Ich notierte ihn, zu lang waren die Schachtelsätze für mich um sie gleich zu verstehen.

„Die Forderung der Konzeptkunst war, die künstlerische Praxis nicht auf die Gestaltung eines autonomen Kunstwerks zu beschränken, sondern den sozialen und institutionellen Kontext mitzudenken, in dem Kunst zirkuliert. Ein ironisches Spiel mit dem populärsten Mythos der Moderne, dem Glauben, dass die Originalität der Kunst im individuellen Ausdruck des Künstlers begründet ist, zwischen Hommage und Konkurrenz, Solidarität und Instrumentalisierung.“

Als Beispiel zu dem Text war von Louise Lawler ein Foto mit einem Kunstwerk im Wohnzimmer eines Kunstsammlers ausgestellt. Von Martin Kippenberger sah man Plakate für seine eigene Ausstellung, die er von Künstlerkollegen gestalten ließ.

Den Namen des Künstlers Josh Smith, geboren 1976, und seine Keramikfigürchen möchte ich mir merken. Im Gulbransson Museum Tegernsee werden demnächst Keramikarbeiten von Kindern ausgestellt, die im Rahmen des museumspädagogischen Programms, welches ich leiten durfte, entstanden sind. Radio Bayern 2 sagt zu Josh Smith´ Figuren: „irgendwo zwischen Aztekenkunst und Volkshochschulkurs“.

Die ganze Ausstellung gefiel mir, ich konnte mich nicht satt sehen. Das Wiedererkennen vieler Namen, das Geburtsalter der Künstler, so nah an meinem und dem meiner Kinder, ließen ein Gefühl von Vertrautheit aufkommen.

Der Aufbau und die Art, wie die Werke präsentiert wurden, machten es leicht, den Beweggrund der Künstler zu verstehen.

http://www.br.de/radio/bayern2/kultur/kulturwelt/museum-brandhorst-schiff-ahoy-100.html

Ausstellung im Haus der Kunst: Konzeptkünstlerin Hanne Darboven

Man muss es gesehen haben, dann versteht man mehr davon. So dachte ich. Ich meine damit die Ausstellung über Hanne Darboven (1941- 2009) im Haus der Kunst.

Vielleicht bin ich nach meinem Besuch ein wenig gescheiter.

Der erste Eindruck war überwältigend. Alle hohen Außen- und Innenwände waren von oben bis unten voll gepflastert mit gleich großen Bildern. Hinterher las ich, es waren 27.000 Objekte. Jede Wand zeigte ein Thema.

Am besten verstand ich die gerahmten Titelblätter des Magazins „Der Spiegel“. Ich konnte auch die Bilder enträtseln, die dicht beschrieben waren mit Girlanden, ähnlich den Schwungübungen beim Schreibunterricht. Ich erkannte, dass die Anzahl der geschriebenen Bögen Zahlen bedeuteten.

Mit den in Reih und Glied gehängten Rahmen wirkten die Wände als wären sie mit einer Rastertapete beklebt. An den Bildern mit den unendlich vielen Postkarten, Fotos, Ausschnitten, Texten, Zeichnungen und Formularen ging ich nur noch vorbei. Bis zur Decke, sie waren an die sechs Meter hoch, hob ich meinen Kopf nicht mehr. Ich war müde geworden.

Ein wenig meinte ich die Künstlerin zu verstehen, als ich vor ihren kleinen, vollgekritzelten Tagebüchern stand. Bisher brachte ich es auch nicht fertig, meine Jahreskalender weg zu werfen. Darboven wollte vielleicht die Zeit festhalten und die „Zeit-vergeht-so-schnell“, genauso wie ich, aufhalten.

Auf der Rückfahrt im Zug knobelte ich an ihrem eigens entwickelten System und dem Sinn, wie sie Kalenderdaten mit Quersummen bildete: 17.1.15 ist 1+7+1= 9+15 =24.