Wien – Ausstellungsbesuche Erster Teil: Leopold Museum

Tano und ich  waren in Wien mit ganz wenig Zeit im Gepäck. Wenigstens konnten wir Ludwig und Leopold besuchen, das heißt das Leopold Museum und das Mumok (Mueum moderne Kunst, Stiftung Ludwig).

1. Teil:  Drei Ausstellungen im Leopold Museum

Zuerst sahen wir die Ausstellung von Berlinde de Bruyckere Suture

„Berlinde de Bruyckere geb.1964 in Gent zählt zu den international bekanntesten Bildhauerinnen“, las ich im Museumsprospekt. Ich überlegte, ob ich schon mal etwas von ihr gesehen hatte.

Ihre Skulpturen beeindruckten mich stark, besonders ein Torso. Er lag nackt in Lebensgröße, ohne Kopf auf mehreren weißen Kissen. Die Körperhaut war weiß-rosa und bläulich-rot angelaufen. Beklemmend, ich muss an rohes Fleisch denken. Pieta ist der Titel. Jesus, der vom Kreuze abgenommen und in die Arme Mariens – hier in die Kissen – gelegt wurde.

Ähnlich waren ihre anderen Werke. Ich konnte sie fast nicht anschauen: die verschlungenen nackten Körper, die aufgehängten einzelnen Gliedmaßen.

Die Künstlerin erreichte die überrealistische Hautoberfläche, indem sie mit durchscheinendem Wachs, Glas und Epoxidharz arbeitete.

Daheim las ich, dass Berlinde de Bruyckere in der Venediger Biennale 2013 den belgischen Pavillon bespielte. Sofort erinnerte ich mich. Der damals starke Geruch von Wachs stieg mir wieder in die Nase. Warum fällt es mir erst jetzt ein? Ein toter, verdorrter Baum lag auf dem Boden und füllte den ganzen Raum.

Diese Ähnlichkeit! Leid und Schmerz zeigte sie auch damals mit ihrem Werk „Krüppelholz“

 

Die Ausstellung von Theodor von Hörmann“Von Paris zur Secession“

200 Jahre nach der Geburt des Malers Theodor von Hörmann (1814 – 1895) widmete das Leopold Museum dem Künstler eine umfassende Retrospektive.

Sonne im Garten, Bellvedere, Blumenmarkt, Tümpel im Buchenwald las ich unter den Bildern. Schön realistisch gemalt, war mein erster Eindruck, bis ich Bilder mit Mohnblüten entdeckte. Sofort dachte ich an Claude Monet. Die Ähnlichkeit zu dessen Mohnfeldbild war deutlich. Dass sich die Mohnblüten von Hörmann als Esparsettenblüten entpuppten, war nebensächlich. Ich war bestätigt, als ich las, dass er Beziehungen zu den französischen Impressionisten hatte. Von 1886 bis 1890 unternahm er eine Frankreichreise. Er begab sich auf die Spuren der Maler von Barbizon und reiste in die Bretagne.

Hier entstanden lichtdurchflutete Naturbilder und anschließend vier Bilder von den „Esparsettenfelder“. Leider wurden sie im Wiener Künstlerhaus 1891 von der Jury abgelehnt.

Deutlich sah ich in der Ausstellung den Weg vom Realisten zum Impressionisten. Ich weiß nicht mehr, wo ich es las, dass er der einzige impressionistische Maler Österreichs war.

Ein Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof, den wir bei unserer Rückfahrt besuchten erinnert heute an den Künstler Theodor von Hörmann.

 

Im Schnelldurchgang : Gustav Klimt  –  Egon Schiele

Das Haus beherbergt die größte Egon Schiele-Sammlung der Welt. Vor einigen Jahren sah ich sie schon einmal. Deshalb entschlossen wir uns nur zu einem Schnelldurchgang. Zum Glück ist es eine Dauerpräsentation und somit ein Grund, wieder nach Wien zu kommen.

Gleich in einem der ersten Räume wälzte sich eine Frau auf dem Fußboden. Sie bewegte sich im Zeitlupentempo.

Die Besucher hielten an, schauten, und gingen weiter. Wird Hilfe gebraucht? Am liebsten wäre ich wieder rückwärts gegangen. Es ist ein Tanz, sagte der Aufseher und löste damit mein Erschrecken.

Performanceprogramm – aufregende Begegnungsräume zwischen bildender Kunst und Choreografie lese ich später im Programmheft.

 

 

In Krumau und Budweis

Egon Schiele

Faszinierend der Blick von der Burg hinunter zur Moldau. Ich war mit Tano nicht in Prag, sondern in dem kleinen Städtchen Krumau, tschechisch Český Krumlov.

Ich versuchte diesen großartigen Anblick mit dem Fotoapparat einzufangen. Dach an Dach, unterschiedlich hoch, eingezwickt und in unterschiedlichen Giebelrichtungen stehen die Häuser. Nur die Moldau unterbricht und teilt das Häusergewirr und schlingt sich wie ein Rahmen um einen Teil der Stadt. Ein pittoreskes Stadtbild in den Farben terrakottarot und erdig mit weißen und dunklen Akzenten.

Sofort dachte ich an die Bilder von Gustav Klimt und Egon Schiele.
Jetzt weiß ich, warum Schiele gern in der schönen Heimatstadt seiner Mutter geblieben wäre. Im Jahre 1911 empörten sich die Bewohner über ihn. Seine jungen Mädchen als Modelle und sein Leben in wilder Ehe waren zu viel für sie. Nach nicht einmal einem Jahr Aufenthalt konnte er nicht mehr bleiben. Er wurde zu drei Tagen Haft wegen Verbreitung unsittlicher Zeichnungen verurteilt.

Doch jetzt nach hundert Jahren rühmt sich die Stadt, dass die Zeit in Krumau Schieles schaffenskräftigste war. Die Bilder mit Titeln wie z. B. die kleine Stadt, gelbe Stadt, tote Stadt und Stadt am blauen Fluss sind Ansichten ihrer Stadt.

Unsere Stadtführerin lotste uns an die Stelle, von der man das kleine gelbe Haus mit dem Balkon sehen konnte, in dem Schieles Mutter wohnte.

Auf unsere Bitte hin, führte sie uns am Egon Schiele Art Centrum vorbei. Vor zwanzig Jahren wurde die ehemalige Stadtbrauerei aus dem 16. Jhdt. renoviert. und ist nun ein Kulturzentrum, das Egon Schiele gewidmet ist.


Egon Schiele Art Centrum in Krumau

Auf dem Rückweg zum Bus kamen Tano und ich, bepackt mit Budweiser, Pilsner Urquell und einer Tüte mit Kohinoor Hardtmuth Bleistiften wieder am Schiele Centrum vorbei. Obwohl wir nur noch eine halbe Stunde Zeit hatten, überlegten wir nicht lange und zahlten den Eintritt.

Neben der ständigen Ausstellung über Egon Schieles Leben und Werk gibt es auch Saisonausstellungen. Der Titel der diesjährigen Ausstellung lautet Intimissimo (Privatleben).

Leider reichte die Zeit nur für zwei der fünf ausstellenden Künstler. Wir lernten die Arbeiten der Tschechin Alena Kupčíková und der Österreicherin Miriam Schwack kennen. Beide kannten wir nicht.

Miriam Schwacks Werke waren sehr prägnant, besonders ihre Acrylbilder mit dem völlig schwarzen Hintergrund und den partiell angeordneten, hellen Gesichtern.

Nicht so schnell werde ich die Arbeiten von Alena Kupčíková vergessen. Die zarten Bleistiftlinien ihrer erotischen Aktdarstellungen entpuppten sich als Haare; hauptsächlich waren es weibliche Schamhaare, vereinzelt auch Tierhaare. Für mich waren die Bilder sehr intim und trafen das Thema sehr gut. Ich hatte aber auch das ungute Gefühl, welches man hat, wenn man ein fremdes Haar in der Suppe findet.

Ich erinnerte mich an die Documenta12. Sehr apart fand ich damals die Stickereien der chinesische Künstlerin Hu Xiaovuan auf weißer Seide in alten Stickrahmen. Das Garn war ihr eigenes Haar.


Bleistifte aus Budweis

Vor der Reise nach Budweis und Krumau nahm ich mir ganz fest vor, Riccardo die Bleistifte Koh-i-Noor Hardtmuth mitzubringen, falls ich Gelegenheit habe. Den schönen Namen Koh-i- Noor trägt ein indischer Diamant.

Früher kamen die Graphitstifte aus England. Sie waren hart und teuer. Graphit wurde mit Schwefel geschmolzen, abgekühlt und in Stäbe zerschnitten.

1790 erfand Josef Hardtmuth eine geschmeidigere Masse. Er mischte Graphitstaub mit Ton und Wasser, drückte die Masse durch Matrizen und erreichte durch verschiedene Brenndauern Minen mit unterschiedlichen Härtegraden.

Im 18. Jahrhundert wurde in der Nähe von Krumau ein Graphitlager entdeckt. Nachdem die Firma Hardtmuth Abnehmer des Graphits war, begann der Abbau. Hardtmuth verlegte sein Unternehmen von Wien nach Budweis  Die Gesellschaft existiert noch heute.

Die Bleistifte fanden Tano und ich in einem Künstlerbedarfgeschäft in Krumau. Der Laden war voll mit japanischen Touristen. Ich wunderte mich. Sind die Stifte auch in ihrem Land bekannt? Kein Wunder, Riccardo liebt auch die japanischen Tuschestifte.

Fazit: Die Bleistifte gibt es bei uns auch, in der gleichen Verpackung, mit der gleichen englischen Beschriftung und wahrscheinlich auch zum gleichen Preis.
Ob sie tatsächlich in der Tschechischen Republik hergestellt wurden ist bei einem Unternehmen mit vielen Tochtergesellschaften auch nicht sicher. Trotzdem freue ich mich über ein Mitbringsel aus Krumau.


Krumau

Das Zentrum des Ortes mit Sehenswürdigkeiten aus der Gotik, der Renaissance und dem Barock ist Unesco Welterbe.

Fachkundlich und epochal beraten ist alles prächtig und strahlend restauriert und unauffällig und dezent zu Restaurants, Cafés, Hotels oder Andenkengeschäften um- und hergerichtet. Sogar der Stein an der Stelle, wo man früher die Delinquenten köpfte, ist mit einem Kreuzchen markiert.

Ein wundervoller Ort, fast zu schön, als wäre alles für mich aufgebaut worden.

Auf den unregelmäßig verlegten, großen und kleinen Pflastersteinen, schnackelten meine Füße um, obwohl ich feste, flache Schuhe trug. Das gehört ebenso dazu, wie die
zwei Polizisten, die uns in unserem Bus eine dreiviertel Stunde warten ließen, und die große drehbare Zuschauertribüne mitten im schönen barocken Garten (für das Unesco Erbe ein unhistorisches, störendes Unikum) eigentlich auch.

Ich trug ja auch die Karlsbader Oblaten mit nach Hause, obwohl ich sie gar nicht mag.