Creativmesse im Münchner MOC

70 Aussteller und Inspirationen für Eigenkreationen waren angesagt. Ich dachte, es müsse interessant sein zu sehen, was für kreative Arbeiten von kreativen Leuten entstehen.

Den Weg von der U-Bahnstation zu der Ausstellungshalle MOC konnte man nicht verfehlen. Man musste nur der Menschenmenge folgen. Die lange Schlange vor der Kasse und dann nochmals vor der Garderobe nahm ich erwartungsfroh in Kauf.

Bei den angebotenen Workshops hätte ich lernen können, wie man Schablonen, Stempel, Abziehbilder und Bügelmotive benützt, vorgefertigte Filzteile zusammenfügt, Bastelkitts verwendet und Glitzerperlen, Stoff- und Wachsapplikationen aufklebt.

Schade für die 7 Euro Eintritt und die 1,50 Euro für die Garderobe.

Umsonst war die Fahrt nach München jedoch nicht. Mit den Tagebüchern 2002-2012 von Fritz J. Raddatz und einer Tüte voll Artischocken vom türkischen Geschäft in der Goethestraße kam ich zurück.

Über das Gehirn, die Kunst und die Karikatur

Das Olaf Gulbransson Museum in Tegernsee lud zu einer Matinee ein: „Reden über das Gehirn, die Kunst und die Karikatur“.

Der Referent Dr. Georg Kreutzberg war Neuropathologe und Neurowissenschaftler. Er war langjähriger Direktor am Max-Planck-Institut für Psychiatrie und am Max-Planck-Institut für Neurobiologie und hatte die Gabe, die neuesten Erkenntnisse der Hirnforschung verständlich zu erzählen und mit Bildern und Videos zu veranschaulichen. Er machte das so gut, dass ich es auch verstand. Obwohl, nacherzählen könnte ich es nicht.

Hängen blieb, dass es kein eigenes Kunstzentrum im Hirn gibt. Es gibt aber ein genetisches Vorwissen. Wir finden etwas schön, wenn es symmetrisch ist und eine gewisse Proportion zeigt. Wir alle verstehen innerhalb drei Sekunden eine Karikatur oder können eine optische Täuschung deuten. Für Kunst brauche man Kognition, Emotionen und Feinmotorik. Das Hirn des Künstlers ist auch nicht anders beschaffen. Nur von letzterem, der Feinmotorik, hätte der Künstler mehr.
Ein Amateur malt vielleicht Idylle und Harmonie. Ein Künstler will vom Leben und aus seiner Sicht etwas erzählen, er zeigt das Schöne, das Gute und das Hässliche.

Ich hatte mir notiert, dass die Kapazität von 25 Milliarden Informationen pro Sekunde in der Datenverarbeitung eines Computers, 300 Billionen unseres Gehirns gegenüber steht. Ich muss die Zahlen ausschreiben und untereinander stellen, um es zu verstehen:
300 000 000 000 000
…….25 000 000 000

Besonders beeindruckt hatte mich die Person Dr. Kreutzberg. Seine jugendliche Begeisterung, eine Stunde stehend zu referieren, ohne einen Schluck Wasser zu nehmen und das mit 82 Jahren – das war einzigartig.

Leib und Seele

Wir waren unter uns. Die Besucher der Ausstellung „Leib und Seele“ in der Kunstgalerie der Hypo-Kulturstiftung waren alle in unserem Alter. Das bayerische Rokoko mit Exponaten aus Kirchen hätte mich vielleicht in jungen Jahren auch nicht angezogen. Ich hätte mir aber auch nicht gedacht, dass die Werke dieser Zeit (zwischen 1720 und 1780) so spannend sein könnten.

Als ich die Figur der Hl. Agathe aus der Tegernseer Kirche sah, erinnerte ich mich sofort an ein ähnliches Bild, das ich in Catania im Diözesanmuseum sah. Die Heilige trägt ihre Brüste auf einem Teller. Sie wurde gemartert, indem man ihr die Brüste abschnitt.
In der Ausstellung steht in einem Halbrondell die lebensgroße Agathafigur zusammen mit dem Hl. Florian, dem Hl. Sebastian und dem Hl. Rochus. Johann Sebastian Staub (1704-1784) hat sie geschaffen. Sie sind aus Holz und weiß gefasst. Die polierte, strahlenweiße Oberfläche sieht wie Marmor aus. Die weißen Busen bringen mich zum Lächeln. In Catania kauft man an der Bar ein süßes, weiß glasiertes Gebäck in Form eines Busens mit einem Knubbel obendrauf.

Das Stilmittel des Rokokos war hauptsächlich die Rocaille. Diese asymmetrische, bewegte und phantastische Muschelform mit Blatt und Rankenmotiv sah ich an jedem Werk. Ich hoffe, dass ich den Gegensatz vom triumphierendem Barock und dem gefühlvollen Rokoko jetzt besser erkennen werde. Mit der Schönheit und Pracht, der Lust und Leiblichkeit mit den verführerischen Reizen und den pausbackigen Putten mit prallen Rundungen sollten religiöse Gefühle geweckt werden. Unsere bayerischen Künstler, die Asam-Brüder Cosmas Damian und Egid Quirin, Johann Baptist Straub, Franz Anton Bustelli und Ignaz Günther holten, wie ich las, den Himmel auf die Erde.
Dass man die vier letzten Dinge: Tod, Gericht, Himmel und Erde mit Büsten von lieblichen Puttenköpfen darstellen konnte, erstaunt mich. Eine Schlinge um einen Engelskopf symbolisiert das Gericht. Ein Lorbeerkranz auf dem Lockenkopf bedeutet Himmel, dagegen eine Schlange an den Pausbacken Hölle. Trotz weinenden Augen und traurigem Mund sind es hübsche Babygesichter. Nur der Tod wurde durch einen Kindertotenkopf dargestellt.

Interessant fand ich die Gegenüberstellung der Bozzetti (Entwürfe) und der fertigen Werke: gezeichnete Skizzen für Altaraufbauten, Tonfiguren als Vorlage für Schnitzarbeiten. Die Schnitzereien waren wiederum Modelle für den Goldschmied..

Die Ausstellung ist noch bis zum 12. April geöffnet.

Nachtrag (siehe Kommentare zu diesem Blogeintrag):

Rennschlitten mit Diana

Schneemänner vor unserer Tür

Die Großfamilie, die wir während der Festtage waren, hat sich leider wieder aufgelöst. Geblieben sind uns nur noch Gustavs drei Schneemänner vor unserem Kücheneingang.

Drei Schneemänner vor unserer Tür.

Drei Schneemänner vor unserer Tür.

In Wikipedia las ich, dass vor 245 Jahren der Begriff Schneemann zum ersten Mal in einem Leipziger Kinderliederbuch als Begriff auftauchte. Ein Leipziger Bub baute jetzt im Jahr 2015 gleich drei Schneemänner. Viel freundlicher als der grimmige im Buch gucken sie in unsere Küche.

Poesie

Meine Mutter hatte kein eigenes Poesiealbum. Sie durfte das ihrer älteren Schwester weiterbenützen. Deshalb finde ich Einträge, die über hundert Jahre alt sind.

Poesiealbum 1915Der Glaube sei Dein Steuer,
Die Hoffnung Dein Magnet,
Die Liebe Dein Segel,
Das Ruder das Gebet,
Und in des Schiffleins Stille,
Steht Christi Kreuz als Mast,
Den man mit Lob und Bitte,
In jeden Sturm erfasst.

Gewidmet von Deiner Patin
Anna Riedisser
Pfaffenberg den 26. Juli 1915

Catania – Tagebuch einer Reise

Meine Ohren taten weh. Wir waren im Anflug auf Catania. Der Ätna lag im Schatten, nur der schneebedeckte Gipfel strahlte im hellen Licht der Sonne. Wie zerzupfte Watte lagen die Wolken unter uns, dazwischen die Farben der Felder, braun, grau und beige. Diesen ergreifenden Moment wollte ich festhalten und ich nahm mir vor Tagebuch zu schreiben – das Ergebnis hier.

Cati und Pina waren so lieb und korrigierten meinen Text

Anlass unserer Reise waren Tanos halbgerader und mein gerader Geburtstag in diesem Jahr. Wir wollten nicht viel unternehmen. Einfach die Tage so nehmen wie sie kommen, Kaffee trinken, spazieren gehen, sich unterhalten, schauen und genießen.

Nur die Fahrt nach Caltagirone hatten wir geplant.

Der Sänger Leo Slezak – Von der Met in New York in die Egerner Bucht

Als die Pianistin, Kamila Akhmejanova, die ersten Töne am Klavier anschlug und noch bevor der rumänische Tenor Marius Zaharia die Lieder anstimmte, flüsterte mir Tano schon die Titel der Lieder ins Ohr. Es waren neapolitanische Volkslieder, geschrieben und komponiert vor allem für die italienischen Auswanderer in Amerika. Leo Slezak und Enrico Caruso sangen sie ab 1909 an der Metropolitan in New York.

Tanos Begeisterung war es, die diesen Abend für mich zu einem besonders schönen Erlebnis machte.

Peter Rixner und Sonja Still haben Slezaks Leben in einem Film nachgezeichnet. Still las Ausschnitte aus Slezaks Biografie von Hanna von Feilitzsch. Der bekannte Segler und ehemalige Hotelier des Malerwinkels erzählte von seinem Erlebnis mit Slezak als 8-Jähriger. So viel Bayrisch hat das neue Seehotel Überfahrt seit seinem Bestehen sicher noch nicht gehört.

Gleich zu Beginn der Veranstaltung sprach der neue Bürgermeister Christian Köck (ein Schulkamerad von Pina) über die Geschichte des Tals bis zum Abriss des Gasthauses „Zur Überfahrt“ und dem Neubau des „Seehotels Überfahrt“, natürlich auch im schönen bayrischen Dialekt.

Italienische Töne dann auf unserem abendlichen Heimweg. Tano musste sich nicht mehr zurückhalten und sang für mich allein „Torna a surriento“ und „Corre ‘ngrato“, so innig wie vorher Zaharia.

„Der Tegernsee, das ist mein Fjord“ – Das Tegerseer Tal zwischen 1900 und 1945

Im Gegensatz zur der Eröffnung der Ausstellung „Kultur am Abgrund“ im jüdischen Museum, trafen wir diesmal bei dem Vortrag von Dr. Veronika Diem im Münchner Rathaus mehrere Bekannte aus dem Tegernseer Tal. Wieder ging es um unser Tal, über die historischen Hintergründe in der Zeit zwischen 1900 und 1945.

Interessant und spannend war für mich, dass ich in der Zeitschrift „Tegernseer Tal“ einen Artikel von Tatjana Kerschbaumer über Veronika Diem fand. Diem, 1975 in Tegernsee geboren, schrieb eine Dissertation über die „Freiheitsaktion Bayerns“ bis dato ein ungeklärtes Kapitel der Geschichte zum Kriegsende in Bayern.

Gefallen hat mir auch der Veranstaltungsort, die Juristische Bibliothek im dritten Stock des neugotischen Rathauses. Ein zweistöckiger Raum mit einer wunderschönen, vergoldeten, eisernen Wendeltreppe und umlaufenden Balustraden, dazu die floralen Wandleuchter und die eichenen Schränke und Regale. Alles fast noch Original im Münchner Jugendstil.