Rauchbrand in der Tonne mit Inselromantik

Das Paradies liegt nicht zwischen Euphrat und Tigris sondern ganz nah, zwischen dem Wackbach und dem Wiesbach. Nur eine schmale kleine Brücke führt zu dem Stückchen Land, auf dem sich diese zwei Bäche vereinigen und letztendlich in Richtung Garten Eden fließen. Zusammen mit den Flüssen Leitzach, Mangfall, Inn und Donau erreichen sie das Schwarze Meer. Diesen Weg wollte auch unsere Holzbrand-Tonne nehmen.

Bevor ich die Geschichte erzähle, möchte ich noch das paradiesische Plätzchen unserer Freunde Christl und Reinhard beschreiben. Sie leben dort wie auf einer Insel. Es gibt nur ein Häuschen, einen Schuppen, eine Töpferwerkstatt, eine Wiese, einen Garten und einen Strandkorb. Letzterer fällt einem zuerst ins Auge. Passt so gar nicht zu den bayrischen Bewohnern und ihrem Haus mit Fensterläden und Geranien in den Blumenkästen.

Während die Gastgeberin den Kaffee vorbereitete, genossen wir liegend im Strandkorb die Inselromantik, die Atmosphäre und den Liebreiz um uns herum. Statt Meeresrauschen hörten wir das Plätschern des Wackbaches und statt Sandhäufchen sahen wir zur rechten Seite den Wendelstein und links den Seeberg. Urlaubsstimmung pur.

Tano und ich sind jedoch auf die Insel gekommen, um zu arbeiten und gemeinsam Christls und meine Keramiken in der Tonne zu brennen.

HolzbrandAbgeschieden von der Zivilisation störte der anfängliche Rauch niemanden. Wir Frauen schlichteten unsere Keramikwerke zwischen Sägespäne und Holz in die Tonne. Ums Holz kümmerte sich Reinhard und ums Feuer Tano. Vorgenommen hatten wir uns, die Tonne erst auszuleeren, wenn der Brand völlig zu Ende war.

Vor unserem Abschied holte Tano für mich Ungeduldige noch einige obenliegende Schüsselchen heraus. Besonders gute Farbnuancen bekamen meine Arbeiten nicht. Christls Warten auf den nächsten Tag hatte sich gelohnt.

Die Geschichte mit der Tonne ist noch nicht zu Ende erzählt. Beim Säubern der Tonne rutschte die Tonne über die Bachböschung und schwamm wie ein Boot in Richtung Schwarzes Meer. Zum Glück hielt sie ein Fels an der Inselspitze fest.

„Des mach ma boid wida“ waren unsere Abschiedsworte.

Aber nicht an einem Wochenende, denn da gleicht die Insel eher einer Arche Noah. Gleich über dem Bach verläuft die Hauptstraße, auf der die Motorradfahrer zum Sudenfeld hoch brausen, oder im Winter die Skifahrerkarawane vorbeizieht.

Daheim angekommen, noch ganz befangen vom himmlischen Aufenthalt auf der Insel, spürte ich plötzlich, dass auch wir paradiesisch leben, zwischen Walberg und See, zwischen dem Bach der Weißach und der Bauernwiese mit Kühen und Pferden.

Unsere Weißach mündet in den Tegernse, deren Ausfluß die Mangfall ist und letztes Ende wie der Wies- und Wackbach das Schwarze Meer speist.

Horst Janssen im Olaf Gulbransson Museum Tegernsee

„Ich will Norweger werden“

Horst Janssens Reise nach Skandinavien mit Gesche Tientjens

Es war wieder so ein Regentag, der versuchte, wie in letzter Zeit so oft, aufs Gemüt zu schlagen – wäre da nicht die Eröffnungsfeier der Ausstellung von Horst Janssen (1929-1995) gewesen. Das Gulbransson-Museum präsentiert die Bilder aus seinem Reisetagebuch durch Skandinavien.

Es war Gesche Tientjens, seine Lebensgefährtin, die ihn zu der Reise angeregt hatte. Und es war auch sie, die mich jetzt begeisterte, als sie über den Künstler sprach.

Sie ist eine zarte, jugendlich wirkende Frau, sehr lebendig und engagiert, obwohl nicht mehr jung. Ohne zu verklären, erzählte sie über die vierjährige Beziehung mit dem schwierigen Künstler. Sie sagte: „Im Grunde ging es immer nur um ihn, um seine Befindlichkeit, sein seelisches Gleichgewicht, sein Arbeitskönnen. Unter Liebe verstehe ich auch noch etwas mehr Bilaterales.“

Von ihm selbst stammen die Worte: „Allein bin ich gut. Zu zweit bin ich eine Katastrophe. Allein kann ich nicht sein.“

Das erste Bild, das ich in der Ausstellung betrachtete, schlug mich in seinen Bann. Unter der Arbeit stand folgender Text:

Irgendwo wieder Rast an einem See. Ich zeichne ein paar Boote, weiter an einem diesmal orange- und gelbflammenden Sonnenuntergang entlang, der unter den sensationellsten Variationen zwei Stunden anhielt und den Horizont rundum illuminierte.“

Wie er den Sonnenuntergang malte, erinnere ich mich nicht mehr. Ich starrte nur auf das Datum. Es bewegte mich. Es war derselbe Abend, an dem ich meine älteste Tochter gebar.

An die zwanzig Zeichnungen waren um diesen Tag herum entstanden. Manche waren sogar mit Uhrzeit signiert. Zum Beispiel am 18. September um 14:10, 18:45, 19:10 und 17:15 Uhr.

Ich war zu sehr mit mir beschäftigt, nur schwach erinnere ich mich an die Landschaften, an Schwemmholz, Blumen, Vasen und Blicke aus Fenstern. Ich muss die Ausstellung noch einmal besuchen.

Die Ausstellung ist noch bis zum 11. September 2016

Eine Reise nach Flandern

Flandernreise

Ein holländischer Vermeer Himmel oder passender gesagt ein René Magritte Himmel begrüßte uns schon vor Aachen.

Nachdem wir die Maas überquert hatten und die Beleuchtungsanlagen an der Autobahn sahen, wussten wir, wir sind in Belgien.

Liebeszene in Brüssel

Liebeszene in Brüssel

Brüssel

Die Hauptstadt streifte unser Bus nur am Rande. Hinter Häusern und Bäumen konnte man das Brüsseler Wahrzeichen, das Atomium entdecken. Meine Fotos, die ich aus dem fahrenden Bus machte, sind alle verwackelt. Nur auf einem Bild erkennt man eine Liebesszene vor einem Hauseingang. Ein junger Mann streichelt mit einer Rose das Gesicht seiner Angebeteten.

 

Antwerpen

Es war auf der Treppe, mitten auf dem Bahnhof von Antwerpen. Ein Bräutigam überreicht seiner Braut den Brautstrauß. Er wurde von einem Fotografen angewiesen, wie er stehen sollte, mal musste er knien, mal sich verbeugen. Wie kann man ein Bahnhofsgebäude als Kulisse für Hochzeitsbilder wählen? Nur wer den Bahnhof gesehen hat, versteht es.


Der Bahnhof ist der Drittschönste der Welt.

Schokoladenherzen, Schokoladenhasen – nein, in Antwerpen kauft man als Mitbringsel Schokoladenhände. Der Sage nach lebte ein Riese am Hafen. Dieser terrorisierte und schädigte die Händler durch horrend hohe Steuern. Ein römischer Legionär besiegt ihn, hackte ihm die Hand ab und warf sie in den Fluss der Stadt, der Scheide. Aus „Hand werfen“ wurde Ant-werpen. Die Stadt konnte sich wieder erholen und sich weiterentwickeln. Sie hat nun den zweitgrößten Hafen Europas. Jeder zweite Diamant der Welt wird hier geschliffen.

Statt „essen zu gehen“ besuchten wir das MuHKA, ein Museum für moderne und zeitgenössische Kunst.

MuHKA Museum

Der moderne Bau, von außen gesehen, brachte uns schon in Stimmung. Erst recht, als wir die Künstler der Sonderausstellung „Show me yours i`ll show you mine“ trafen. Vaast Colson und Kati Heck hielten gerade eine Signierstunde ab. Jetzt wünschen wir den Beiden nur noch, dass sie berühmt werden. Von jedem Künstler haben wir eine kleine Originalzeichnung in unserem Katalog.

 

Am Nordseestrand

Wasserwellen

Wasserwellen

Sandwellen

Sandwellen

An der Nordsee-Strandpromenade von Oostende fühlte ich mich wie in Jesolo am Mittelmeer. Statt Hotels säumten hohe Apartmenthäuser die Uferstraße.

 

Dagegen war die Fahrt mit unserem Bus entlang der Nordseeküste einmalig.

Villen im Art déco Stil

Villen im Art déco Stil

Wir fuhren auf der gleichen Route, wie die dortige Kusttram (Küstentram). Diese Überlandstraßenbahn, übrigens die längste der Welt, verbindet die Badeorte. Wunderschön waren die stilvollen Villen im Art déco Stil. Ich fühlte mich hundert Jahre zurückgesetzt, als wir an den original erhaltenen Jugendstil-Tramstationen vorbei fuhren.

Trambahnstation

Trambahnstation

im Jugendstil

im Jugendstil

Brügge

In Flandern waren die Häuser meist unverputzt. Am schönsten fand ich sie in der mittelalterlichen Stadt Brügge. Zwischen gelb, beige, rot, und braun changierten die Farben der Ziegel. Immer wieder musste ich stehen bleiben und sie fotografieren.

 

Sogar die Brüggener Liebfrauenkirche hat einen Backsteinturm. Er ist der zweithöchste in Belgien, erklärt der Stadtführer. Stolz fiel mir ein, dass der höchste Backsteinturm der Welt mit 130 Metern im niederbayerischen Landshut steht.

Aus einem Bauschuttcontainer fischte ich drei alte Ziegelsteine und schleppte sie dann durch die halbe Stadt. Sogar hoch zum Dachgeschoss der bekannten Brauerei „De Halv Maan“ (Halbmond) trug ich sie. Tano erbarmte sich aber bald und steckte sie in seinen Rucksack.

In der Heilig-Blut-Basilika in Brügge wird eine Ampulle mit dem Blut Christi aufbewahrt. Diese Reliquie erhielt im 13. Jh. ein Kreuzritter für seine tapferen Taten. Zu lange musste ich mich anstellen, um sie zu sehen. Nur kurz konnte ich deshalb in der romanischen Basilius-Kapelle aus dem Jahr 1149 bleiben. Schade! Dafür besitze ich jetzt ein Bildchen, das ich für die geforderte Spende bei der Blut-Reliquie bekam.

Am Abend waren Tano und ich zu müde, um ein Lokal zu suchen. Wir fanden in einer Kirche eine Bank zum Ausruhen. Unerwartet wurde für eine Hand voll Gläubigen eine Messe zelebriert. Wir feierten mit und wurden am Ende des Gottesdienstes herzlich von einer Messnerin begrüßt. Sie wünschte uns einen schönen Urlaub.

 

Gent

In Gent blies uns ein starker Wind entgegen. Ein Drache auf der Spitze des Wachturms, Belfried genannt, zeigte uns woher der Wind kam. In vielen flämischen Orten fielen uns solche imposanten Türme auf. Dort tagte im Mittelalter der Rat. Von oben konnte der Wächter die Stadt beobachten. Beim Bau der Türme wetteiferten die Städte untereinander und übertrumpften sogar manchmal die Kirchtürme. Auch die Bürger mit ihren Zünften wetteiferten beim Häuserbau. Jetzt sind sie Anziehungspunkt für Touristen und Erwerbsquelle für Restauratoren.

Der Genter Altar

Es schien, alle aus unserer Reisegruppe kannten den Genter Altar. Zu meiner Schande, ich kannte den Isenheimer Altar, den Dreikönigsaltar in Köln … aber nicht den Genter „Lamm Gottes“ Altar. Machte nichts, der Reiz des Neuen wirkte umso stärker.

Flussschifffahrt auf der Leie.

In der Ausschreibung der Bootsfahrt wurde am Ende ein Spaziergang in den Malerdörfern der Künstlerkolonie versprochen. Das Ziel gab es nicht oder wir erreichten es nicht.

Wir fuhren 2 1/4 Stunden abwärts und 2 1/4 Stunden aufwärts – den Duft des Grillfeuers der Schiffsköche in der Nase – vorbei an Yachten und Villen. Die Häuser waren in allen möglichen und unmöglichen Stilen gebaut. Ein Tummelplatz für Architekten, und fantasiebegabte Bauherren oder einfach nur für reiche Besitzer. In den Gärten sah man Kunstwerke, von der Aphrodite bis zur grünen Plastikkuh, vom bronzenen Frauenpopo bis zur römischen Amphore. Einheitlich waren nur die kugelrund geschnitten Büsche, die zugestutzten Bäume, die wie Mahnmale wirkten und die kurz rasierten Rasenflächen.Tano ließ sich bald von den Wellen in den Schlaf wiegen. Eine Entenmutter zog mit ihren Jungen vorbei und einen Reiher flog über das Boot.

Heimfahrt über Luxemburg

Ein Umweg durch die Stadt war nicht mehr möglich. Für den Busfahrer wurde durch den langen Stau die Zeit schon knapp. Es reichte nur für eine Pause an einer Raststelle. Ich entdeckte ein neues Verbots- und Gebotszeichen für Hunde und Hundebesitzer. Ob es eine luxemburgische Besonderheit ist, weiß ich nicht. Vielleicht können Hunde sie einmal lesen.

Hundeklo Hundeverbot

Museum Brandhorst, München – Malerei im Informationszeitalter

Painting 2.0 – Malerei im Informationszeitalter

Schon im November nahmen Tano und ich uns den Besuch vor. Doch wie es so ist, zogen wir es hinaus bis kurz vor Ende der Ausstellung am 30 April.

Aneignung und Transformation von Informationstechnologien in der westeuropäischen und nordamerikanischen Malerei seit den 1960er Jahren“, so las ich auf dem Prospekt des Museums.

Als erstes entdeckte ich auf dem Ausstellungsplakat das Smartphone, welches ein junger Mann in Händen hält. Gleich dachte ich an die Zeichnungen, die Pina auf ihren langen Wegen zur Arbeit auf ihrem Handy zeichnet. Aha, es geht also um die modernen Techniken im Gegensatz zur klassischen Malerei?

Im Bus

Im Bus – unterwegs von Pina auf ihrem Smartphone gezeichnet

Moosach bei Nacht

Moosach bei Nacht – eine weiter Smartphonezeichnung

In der U-Bahn

In der U-Bahn – schnelle Smartphonezeichnung von Pina

Im Museum stand gleich im Eingangsbereich ein Müllcontainer, voll geladen mit zerfetzten Leinwandbildern. Was für eine großartige Idee, ein genialer Einstieg zum Thema.

Der Audioguide erklärte mir, dass ein Assistent von Martin Kippenberg Kopien seines Meisters abmalte. Kippenberg fotografierte diese Bilderserie, reproduzierte sie in Originalgröße und zerhackte dann die Vorlagen. Die Fotos füllten jetzt die Eingangshalle.

Hört auf zu malen“ steht auf einem Gemälde von Jörg Immendorf aus dem Jahr 1966. Trotzdem ging es weiter mit der Malerei und unserem kräftezehrenden Weg durch die drei Stockwerke mit 230 Werke von 107 Künstlern: Schießbilder von Niki de St. Phalle, abgerissene Plakatwände von Mimmo Rotella, Maschinen und Körperteile von Maria Lassnig, Pinselstriche von Yves Kleins, Streifen von Daniel Buren. Dass die Malerei immer noch kein veraltetes Medium ist zeigte Albert Oehlen mit seinem Hirsch im Anzug aus dem Jahr 1985.

Nachdem ich das Bild einer riesengroße Steckdose sah, ein Gemälde von von Jana Eulers aus dem Jahr 2014 mit dem Titel „Where the energy comes from“, war mir klar, die Malerei hat sich nicht verändert

Sollte das die Aussage der Kuratoren sein? Habe ich die Ausstellung nicht ganz verstanden oder einfach was anderes unter dem Begriff „Painting 2.0“ verstanden?

Trotz allen Fragen, es war´s wert – der Besuch im Museum Brandhorst.

Zehn Tage Sizilien, eine Gruppenreise.

Es war wie ein Film, der sämtliche Erlebnisse zusammenfasste, die ich zusammen mit Tano im Laufe der Jahre in Sizilien erlebt hatte. Es würde ein Roman, wenn ich die ganze Reise beschreiben würde. Ich bringe die Reihenfolge der Besichtigungen durcheinander.  Wie muss es denen gehen, die Sizilien zum ersten mal sehen

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Ausstellung im Gulbransson Museum – Ernst Maria Lang

Zum 100. Geburtstag von Ernst Maria Lang

Tano und Tona waren im Tegernseer Gulbransson Museum, das zur Eröffnung der Gedächtnisausstellung von Ernst Maria Lang einlud. Er gehörte zu den bekanntesten deutschen Karikaturisten und wäre dieses Jahr 100 Jahre alt geworden. Er prägte von 1947 bis 2003 das Gesicht der Süddeutschen Zeitung mit seinen Bildern. Zu diesem Jubiläum zeigt das Museum über 60 Blätter aus dem Bestand der neuen Sammlung München.

Den Jacken nach, bestickt mit dem Tegernseer Laub,waren es hiesige, hinter denen wir, Tano und ich, saßen.

Den Jacken nach, bestickt mit dem Tegernseer Laub,waren es hiesige, hinter denen wir, Tano und ich, saßen.

Es war schon etwas besonderes, dass der ehemalige Vorsitzende der Gulbransson Gesellschaft Helmut Leutheusser mit seinen 91 Jahren die Gäste begrüßte. Er würdigte Ernst Maria Lang nicht nur als Karikaturist sondern auch als Förderer des Museums.

In der Laudatio von Dr. Angelika Nollert, Direktorin der neuen Sammlung München, erfuhren wir, dass Ernst Maria Lang in seinem Erstberuf Architekt war, der mit seinen Projekten wie der Studentenstadt Freimann das Münchner Stadtbild entscheidend beeinflusst hatte.

Die Ausstellung ist noch bis zum 5. Juni 2016 geöffnet.

Die spontane Linie

Tona erzählt bei der Vernissage, wie sie die Arbeit von Riccardo sieht.

Die spontane Linie

Ich möchte ein wenig über Riccardos Kunst reden, vor allem über seine Zeichnungen. Sie gefallen mir besonders gut.
Vielleicht liegt es auch daran, dass ich auch sehr gerne zeichne. Ich mache aber meistens nur Skizzen für meine Tonfiguren. Wenn ich eine Idee habe, kritzle ich so lange herum, bis ich weiß, wie ich sie modellieren könnte. Dann fängt bei mir erst die richtige Arbeit an. Da brauche ich dann Zeit und kämpfe mit dem Ton und seinen Tücken.
Ganz anders bei Riccardo. Er macht keine Skizzen. Seine Zeichnungen sind keine Entwürfe, sie sind die Arbeit. Er fängt gleich auf einem guten Blatt Papier an zu zeichnen. Er könnte ja mit leichten Strichen etwas andeuten. Nein, macht er nicht. Er benützt keinen Radiergummi. Freilich, bei den Tuschestiften könnte er ihn sowieso nicht benützen.
Schon die erste Linie, die er zieht, bleibt bestehen. Jeder Ringel, sogar ein Punkt hat eine Auswirkung.
Der Maler dagegen kann seine Arbeiten verändern, übermalen, er kann zurücktreten und die Formen und Farben begutachten. Ich kann den Kopf der Plastik in alle Richtungen versetzen solange der Ton feucht ist.
So wie Riccardo zeichnet, ist das weniger eine manuelle Tätigkeit, sondern viel mehr eine geistige Arbeit (wenn man so sagen kann). Es kommt von innen heraus.
Wenn er eine Linie zu lang zieht, denkt er blitzschnell um. Dann wird’s halt eine schlanke Figur. So spontan wie Riccardo zeichnet, ist gut. Er kann sich daher sehr direkt und unmittelbar ausdrücken. Der Stift ist ja dazu das beste Mittel. Der Weg vom Kopf zur Hand und dem Stift ist ein kurzer Weg. Auch wenn er so ungebremst malt, sind es keine wilde Fahrer. Oft setzt er, fast meditativ, Linie neben Linie, dass die Zeichnung eher einer Malerei gleicht.
Ich vermute, dass er sich am Anfang der Zeichnung gar keinen Plan macht. Es scheint mir, als würde er sich vom weißen Papier anregen lassen oder von der Farbe des Stiftes, dem Augenblick oder der Seelenverfassung.
Er selbst schrieb einmal: Auch wenn ich den Stift halten muss, muss ich ihn doch frei lassen, um der Kunst selbst ihren Raum zu geben, Sie lässt sich nicht kontrollieren.
Ich glaube, eine ausgebaute Strategie würde seine Schaffenskraft behindern oder vielleicht, ich weiß es nicht, ist alles gerade umgekehrt.
Intensität oder Intention. Ich weiß es nicht.
Riccardo gibt zu seinen Bildern selten eine Erklärung ab. Viele Bilder haben keinen Titel oder bekommen ihn erst später. Er meint, seine Zeichnungen sind offen, dass man sie unterschiedlich lesen kann. Er findet es gut, wenn jemand etwas sieht, was er in seinem Bild noch nicht kennt.
Als Rätsel sehe ich seine Bilder auch nicht. Manche Zeichnungen verstehe ich erst auf dem zweiten oder dritten Blick. Manche faszinieren mich einfach, ohne, dass ich sie durchschaue.
Wenn ich versuche, Riccardos Kunst in bekannte Muster einzuordnen, tu ich mir schwer. Wenn ich denke, sie sind surrealistisch oder ähneln der Arte Brut, verwerfe ich den Ausdruck gleich wieder. Ich weiß nicht, ob es eine Bezeichnung zwischen Gegenständlich und Abstrakt gibt, zwischen Normal und Phantasie, oder zwischen einem asiatischen Zenbild und einer Karikatur.IMG_0776
Am ehesten denke ich, dass seine Urgroßeltern die Arte Povera war und er ein Enkel der italienischen Transavantgarde ist.
Der jetzige Februar ist ein ganz besonderer Monat. Genau vor 100 Jahren sind in Zürich mitten im ersten Weltkrieg fünf Künstler beieinander gesessen, ein Schweitzer, ein Deutscher, ein Deutsch-Franzose und zwei Rumänen, und haben die Welt der Kunst verändert. Der Dada war geboren. Der Deutsche war Hugo Ball, der genau 100 Jahre vor Riccardo zur Welt kam. Übermorgen wäre sein Geburtstag.
Was mir noch einfällt, Milazzo reimt sich auf Picasso.

Ausstellung im Haus der Kunst: Konzeptkünstlerin Hanne Darboven

Man muss es gesehen haben, dann versteht man mehr davon. So dachte ich. Ich meine damit die Ausstellung über Hanne Darboven (1941- 2009) im Haus der Kunst.

Vielleicht bin ich nach meinem Besuch ein wenig gescheiter.

Der erste Eindruck war überwältigend. Alle hohen Außen- und Innenwände waren von oben bis unten voll gepflastert mit gleich großen Bildern. Hinterher las ich, es waren 27.000 Objekte. Jede Wand zeigte ein Thema.

Am besten verstand ich die gerahmten Titelblätter des Magazins „Der Spiegel“. Ich konnte auch die Bilder enträtseln, die dicht beschrieben waren mit Girlanden, ähnlich den Schwungübungen beim Schreibunterricht. Ich erkannte, dass die Anzahl der geschriebenen Bögen Zahlen bedeuteten.

Mit den in Reih und Glied gehängten Rahmen wirkten die Wände als wären sie mit einer Rastertapete beklebt. An den Bildern mit den unendlich vielen Postkarten, Fotos, Ausschnitten, Texten, Zeichnungen und Formularen ging ich nur noch vorbei. Bis zur Decke, sie waren an die sechs Meter hoch, hob ich meinen Kopf nicht mehr. Ich war müde geworden.

Ein wenig meinte ich die Künstlerin zu verstehen, als ich vor ihren kleinen, vollgekritzelten Tagebüchern stand. Bisher brachte ich es auch nicht fertig, meine Jahreskalender weg zu werfen. Darboven wollte vielleicht die Zeit festhalten und die „Zeit-vergeht-so-schnell“, genauso wie ich, aufhalten.

Auf der Rückfahrt im Zug knobelte ich an ihrem eigens entwickelten System und dem Sinn, wie sie Kalenderdaten mit Quersummen bildete: 17.1.15 ist 1+7+1= 9+15 =24.

Klee und Kandinsky im Lenbachhaus – Kunstbau

Soll ich die Ausstellung Klee und Kandinsky besuchen? Die beiden Künstler kenne ich schon aus vielen Büchern und Museen.

Gut, dass Tano beschloss, nach München zum Lenbachhaus zu fahren.

Schon nach kurzer Zeit im unterirdischen Kunstbau war ich begeistert. Ich lernte Klee und Kandinsky nicht nur als Künstler, sondern als Lehrer, Nachbarn, Freunde und Konkurrenten kennen.

Die Ausstellung beginnt zeitfolglich mit dem Kennenlernen in München (blaue Reiter) und setzt sich fort über die Jahre am Bauhaus in Weimar und Dessau bis zur Emigration nach der Machtübernahme der NS. Die gemeinsamen Lebensstationen werden schriftlich auf Plakaten beschrieben. So erfahre ich über die Zeit im Bauhaus, dass die Schüler bei Kandinsky strenge Farb- und Formuntersuchungen machten und Respekt vor ihm hatten. Bei Klee dagegen ging es um erzählerische Elemente, figürliche Anspielungen und inhaltliche Richtungen. Aber man konnte bei ihm machen was man wollte.

Ich suche nach Spuren aus dem Jahr 1916, nach einem hundertjährigen Bild. Ich fand im Ausstellungskatalog nur, dass Klee zu der Zeit zum Wehrdienst einberufen wurde und Kandinsky in Stockholm weilte, wo er seine Beziehung zu Gabriele Münter abbrach.

Ein ausgestellter Brief von Klee versetzte mich in die Gegenwart. Er schrieb: „Wenn es auch wahr wäre, dass ich Jude bin und aus Galizien stammte, so würde dadurch an dem Wert meiner Person und meiner Leistung nicht ein Jota geändert … dass ein Jude und ein Ausländer an sich nicht minderwertiger ist als ein Deutscher und Inländer …“

Klees Bilder mochte ich schon in jungen Jahren. Sein Bild „Landschaft mit gelben Vögeln“ regte mich einmal an, ähnliche Vogelformen plastisch darzustellen. Das war vor 10 Jahren.  Inzwischen sind sie bis auf ein Paar ausgeflogen.