Rochelle Feinstein im Lenbachhaus

Rochelle Feinstein im Lenbachhaus – I made a terrible mistake

Die Ausstellung von Rochelle Feinstein gefiel mir sehr gut, besonders ihr feiner Humor.

Zum Beispiel schien ein abstraktes Bild gemalt zu sein. Von nahem sah ich jedoch, dass ein kariertes Küchentuch aufgeklebt war. Schelmisch betitelte sie es mit “Flagge“. Vielleicht dachte sie dabei an eine Putzlappen schwenkende Hausfrau?

Witzig fand ich auch die Installation: „Before and After von 1999“. Am Boden lehnten an der Wand, neben und übereinander, unbemalte Leinwände. Amüsant war, dass am Ende dann ein Bild an der Wand hing, das ein Regal zeigte, in dem viele bemalte Leinwände gestapelt waren. Vielleicht wollte die Künstlerin auf Werke hinweisen, die sie nicht verkaufen konnte. Das Los so mancher Künstler.

In vielen ihrer Werke spielt die Sprache eine große Rolle. Über eine gesamte Wandfläche verteilt hingen große Bilder mit riesigen Comic-Sprechblasen mit dem Satz „Love your work“, jedoch rückwärts und teils nicht vollständig geschrieben. Auf einem Bild mit dem Titel Wrong war dieses Wort falsch in Spiegelschrift aufgemalt.

In einem Bericht des Bayerischen Rundfunks stand sehr schön: „Abstrakte Kunst vom elitären Sockel zu holen, und mit ganz alltäglichen Dingen vielschichtig aufzuladen, ist die Kunst von Rochelle Feinstein. Mit ihrem lakonischen, trockenen Humor hinterfragt die New Yorkerin die Mechanismen des Kunstmarktes.“

http://www.sueddeutsche.de/kultur/kunst-mehr-als-nur-eine-redensart-1.3026046

http://www.br.de/mediathek/video/sendungen/capriccio/rochelle-feinstein-lenbachhaus-102.html#tab=bcastInfo&jump=tab

„Schiff Ahoy“ Brandhorstmuseum Teil 1

Ist das Kunst oder darf man sich darauf setzen

Tano und ich besuchten im Brandhorstmuseum die Ausstellung „Schiff Ahoy – Zeitgenössische Kunst aus der Sammlung Brandhorst“.

Im ersten Raum des Museums standen weiße Stühle, in Reih und Glied aufgestellt. Müde waren wir nicht. Aber sie luden uns zum Sitzen ein.

Gespannt schauten wir auf den vor uns aufgebauten Riesenwürfel und warteten. Nichts geschah. Ein Aufseher lächelte uns zu.

Groß wirkt der weiße Kubus vor den Stühlen. Typisch, dachte ich, als ich den Namen des Künstlers las, Heimo Zobernig. Ich erinnerte mich an den von ihm gestalteten österreichischen Biennale-Pavillon. Puristisch war er, es gab nur leere Räume.

Am Ende unseres Ausstellungs-Rundganges waren wir vom Hin und Her, vom Auf und Ab sehr müde. Gezielt steuerten wir auf die weißen Stühle zu. Kaum saßen wir, scheuchte uns eine Aufseherin freundlich-aufgeregt von den Stühlen hoch. Wir säßen auf einer Kunstinstallation, „Sitzgruppe Heimo“, von Franz West und Heimo Zobernig.

Wir erklärten ihr, dass es doch von den Künstlern so gewollt war, dass der Besucher Akteur und Teil der Installation wird. Sie glaubte uns nicht.

Sie hörte nicht mehr zu, als wir von Franz Wests Installation im Untergeschoss sprachen. Ausdrücklich waren dort seine kotwurst-ähnlichen Gebilde als Sitzgelegenheit angepriesen. Der Titel „Das Fragile an seiner Kloake“ war nicht sehr einladend.

http://www.br.de/mediathek/video/sendungen/nachrichten/sammlung-brandhorst-schiffahoi-100.html

„Schiff Ahoy“ Brandhorstmuseum Teil 2

Zeitgenössische Kunst aus der Sammlung Brandhorst

Minimal Art, Postminimal, Arte Povera und Konzeptkunst versprachen die Anzeigen zur Ausstellung. Ich freute mich.

Die Liebe zur Kunst der 1960er- und frühen 1970er-Jahre, hauptsächlich zur Arte Povera, wurde bei mir in Italien geweckt. Sie begann vor vielen Jahren am Canal Grande im Peggy Guggenheim Museum, als ich das Iglu von Mario Merz sah. Das Drumherum, der Palazzo, die Stadt Venedig hatten die Zuneigung sicher noch verstärkt.

Jetzt im Brandhorst Museum war ich von Mario Merz‘ Werk nicht so begeistert, einer Lederjacke mit Holzreisig und Neonröhre. Es zeigte mir aber welche „unkünstlerischen“ Materialien die Künstler verwandten. Carl Andres betretbare Bodenarbeit war aus Metallplatten. Hubert Kiecols Objekte waren aus Beton. Warhol spritzte mit Urin auf Kupferplatten. Kelly Walker bemalte eine Matratze.

Ein Wandtext erklärte, dass die Minimal-Art-Künstler frei sein wollten von Merkmalen und Sinnbildern, sie begrenzten sich auf Form, Farbe und Größe. Frank Stella fasste es zusammen: „Was man sieht, ist, was man sieht.“

Einen Text über die Konzeptkunst fand ich auch interessant. Ich notierte ihn, zu lang waren die Schachtelsätze für mich um sie gleich zu verstehen.

„Die Forderung der Konzeptkunst war, die künstlerische Praxis nicht auf die Gestaltung eines autonomen Kunstwerks zu beschränken, sondern den sozialen und institutionellen Kontext mitzudenken, in dem Kunst zirkuliert. Ein ironisches Spiel mit dem populärsten Mythos der Moderne, dem Glauben, dass die Originalität der Kunst im individuellen Ausdruck des Künstlers begründet ist, zwischen Hommage und Konkurrenz, Solidarität und Instrumentalisierung.“

Als Beispiel zu dem Text war von Louise Lawler ein Foto mit einem Kunstwerk im Wohnzimmer eines Kunstsammlers ausgestellt. Von Martin Kippenberger sah man Plakate für seine eigene Ausstellung, die er von Künstlerkollegen gestalten ließ.

Den Namen des Künstlers Josh Smith, geboren 1976, und seine Keramikfigürchen möchte ich mir merken. Im Gulbransson Museum Tegernsee werden demnächst Keramikarbeiten von Kindern ausgestellt, die im Rahmen des museumspädagogischen Programms, welches ich leiten durfte, entstanden sind. Radio Bayern 2 sagt zu Josh Smith´ Figuren: „irgendwo zwischen Aztekenkunst und Volkshochschulkurs“.

Die ganze Ausstellung gefiel mir, ich konnte mich nicht satt sehen. Das Wiedererkennen vieler Namen, das Geburtsalter der Künstler, so nah an meinem und dem meiner Kinder, ließen ein Gefühl von Vertrautheit aufkommen.

Der Aufbau und die Art, wie die Werke präsentiert wurden, machten es leicht, den Beweggrund der Künstler zu verstehen.

http://www.br.de/radio/bayern2/kultur/kulturwelt/museum-brandhorst-schiff-ahoy-100.html

Wien – Ausstellungsbesuche Erster Teil: Leopold Museum

Tano und ich  waren in Wien mit ganz wenig Zeit im Gepäck. Wenigstens konnten wir Ludwig und Leopold besuchen, das heißt das Leopold Museum und das Mumok (Mueum moderne Kunst, Stiftung Ludwig).

1. Teil:  Drei Ausstellungen im Leopold Museum

Zuerst sahen wir die Ausstellung von Berlinde de Bruyckere Suture

„Berlinde de Bruyckere geb.1964 in Gent zählt zu den international bekanntesten Bildhauerinnen“, las ich im Museumsprospekt. Ich überlegte, ob ich schon mal etwas von ihr gesehen hatte.

Ihre Skulpturen beeindruckten mich stark, besonders ein Torso. Er lag nackt in Lebensgröße, ohne Kopf auf mehreren weißen Kissen. Die Körperhaut war weiß-rosa und bläulich-rot angelaufen. Beklemmend, ich muss an rohes Fleisch denken. Pieta ist der Titel. Jesus, der vom Kreuze abgenommen und in die Arme Mariens – hier in die Kissen – gelegt wurde.

Ähnlich waren ihre anderen Werke. Ich konnte sie fast nicht anschauen: die verschlungenen nackten Körper, die aufgehängten einzelnen Gliedmaßen.

Die Künstlerin erreichte die überrealistische Hautoberfläche, indem sie mit durchscheinendem Wachs, Glas und Epoxidharz arbeitete.

Daheim las ich, dass Berlinde de Bruyckere in der Venediger Biennale 2013 den belgischen Pavillon bespielte. Sofort erinnerte ich mich. Der damals starke Geruch von Wachs stieg mir wieder in die Nase. Warum fällt es mir erst jetzt ein? Ein toter, verdorrter Baum lag auf dem Boden und füllte den ganzen Raum.

Diese Ähnlichkeit! Leid und Schmerz zeigte sie auch damals mit ihrem Werk „Krüppelholz“

 

Die Ausstellung von Theodor von Hörmann“Von Paris zur Secession“

200 Jahre nach der Geburt des Malers Theodor von Hörmann (1814 – 1895) widmete das Leopold Museum dem Künstler eine umfassende Retrospektive.

Sonne im Garten, Bellvedere, Blumenmarkt, Tümpel im Buchenwald las ich unter den Bildern. Schön realistisch gemalt, war mein erster Eindruck, bis ich Bilder mit Mohnblüten entdeckte. Sofort dachte ich an Claude Monet. Die Ähnlichkeit zu dessen Mohnfeldbild war deutlich. Dass sich die Mohnblüten von Hörmann als Esparsettenblüten entpuppten, war nebensächlich. Ich war bestätigt, als ich las, dass er Beziehungen zu den französischen Impressionisten hatte. Von 1886 bis 1890 unternahm er eine Frankreichreise. Er begab sich auf die Spuren der Maler von Barbizon und reiste in die Bretagne.

Hier entstanden lichtdurchflutete Naturbilder und anschließend vier Bilder von den „Esparsettenfelder“. Leider wurden sie im Wiener Künstlerhaus 1891 von der Jury abgelehnt.

Deutlich sah ich in der Ausstellung den Weg vom Realisten zum Impressionisten. Ich weiß nicht mehr, wo ich es las, dass er der einzige impressionistische Maler Österreichs war.

Ein Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof, den wir bei unserer Rückfahrt besuchten erinnert heute an den Künstler Theodor von Hörmann.

 

Im Schnelldurchgang : Gustav Klimt  –  Egon Schiele

Das Haus beherbergt die größte Egon Schiele-Sammlung der Welt. Vor einigen Jahren sah ich sie schon einmal. Deshalb entschlossen wir uns nur zu einem Schnelldurchgang. Zum Glück ist es eine Dauerpräsentation und somit ein Grund, wieder nach Wien zu kommen.

Gleich in einem der ersten Räume wälzte sich eine Frau auf dem Fußboden. Sie bewegte sich im Zeitlupentempo.

Die Besucher hielten an, schauten, und gingen weiter. Wird Hilfe gebraucht? Am liebsten wäre ich wieder rückwärts gegangen. Es ist ein Tanz, sagte der Aufseher und löste damit mein Erschrecken.

Performanceprogramm – aufregende Begegnungsräume zwischen bildender Kunst und Choreografie lese ich später im Programmheft.

 

 

Wien Ausstellungsbesuche zweiter Teil: Mumok

 Zweiter Teil: im Mumok – Museum moderne Kunst, Stiftung Ludwig).

Im Mumok Museum war gerade die Ausstellung „Wir Wegbereiter. Pioniere der Nachkriegsmoderne“

Mit dem Titel der Ausstellung sind die beiden Persönlichkeiten der Nachkriegszeit gemeint: der Gründungsdirektor des Museums Werner Hofmann und der Politiker Viktor Matejka, der sich früh um die Rückkehr verfolgter und vormals verfemter Künstler bemühte.

Ihnen verdanken wir die Sammlung der klassischen Moderne: Expressionismus, Kubismus, Futurismus und Bauhaus.

Wir konnten nur im Eilschritt die zahlreichen Werke anschauen. Viele Künstlernamen kannte ich. Eine gerahmte ,verwitterte Holzplatte ließ mich anhalten. Rechts und links waren kleine Ausschnitte und mittig eine Tür aus Rasierklingen. Ohne, dass ich den Titel „Die Grausamkeit“ gelesen hatte, war ich betroffen. Der Künstler war Zbynek Sekal, 1923 in Prag geboren und 1998 in Wien gestorben.

Tano rief mich, als er ein Ölbild von Renato Guttuso entdeckte. „ Algerierin mit weißem Tuch“. Er kannte den Künstler persönlich aus seiner Jugendzeit in Catania, Sizilien. Tano meinte, so ganz anders sei das Bild, er hätte es Guttuso nicht zugeordnet.

Als ich drei Ölbilder von Georg Eisler sah wurde ich ganz kribbelig. Den Namen kannte ich. Ich meinte sogar, dass ich mir einmal eine Radierung von ihm gekauft hatte, zweifelte aber noch. Wieder daheim sah ich, dass ich einen Orginaldruck von Eisler habe. Es ist das 13. Bild aus einer Auflage von 100. Ich kaufte es vor 50 Jahren mit meinem erst verdienten Geld.

Wien – „L´elisir d´amore“

Amore war der Grund unserer Wien-Reise. Tano wollte „L´elisir d´amore“ von Donizetti im Steinbruch St. Margarethen erleben.

Besuch der Oper: Der Liebestrank

Die Inszenierung von Philipp Himmelmann war ein großartiges Theaterspektakel. Die Bühne lag in einem alten römischen Steinbruch. Der Stephansdom in Wien wurde noch mit diesen Kalksandsteinen gebaut.

Von Anfang an fühlten wir uns jedoch in die 1950er Jahre versetzt. Die Bühne war wie eine überdimensionalen Musikbox aus dieser Zeit gestaltet – einem Wurlitzer mit einem Tonarm. Der Plattenteller war die Drehbühne und war hauptsächlich die Spielfläche. Doch auch die Straße, die zur Felsenarena führte wurde einbezogen. Dort entstieg aus einem Hippibus der Quacksalber Dulcamara, begleitet von einer bunten Hippigruppe.

Schon vor Beginn der Oper wurde auf der Bühne Rock ’nRoll getanzt, natürlich waren alle im damaligen Stil gekleidet. Erinnerungen wurden wach. Ich musste an meinen ersten Petticoat denken, den ich mir so sehnlichst gewünscht hatte.

Tano fand Uwe Schenker-Primus (geb. 1974 in Rosenheim), der den Bass sang am besten. Seine letzte Strophe lallte er vom Wein berauscht, virtuos. Ebenso gefiel Tano die Sopranstimme von der Armenierin Narina Yeghiyan (Adina). Vom Chor der Philharmonie Wien schwärmte er.

Bei der Szene, als sich die Soldaten vom Bühnendach abseilten erschrak ich. Unnötig fand ich, dass sie ihre Maschinengewehre im Anschlag hielten.

Trotzdem, es war ein wunderschöner Abend. Es war warm. Die Mücken fanden unsere Nachbarn süßer als uns. Ein Feuerwerk war der Schlusspunkt.

Eine Plastik aus Ton entsteht

Ich sah in den Fernsehnachrichten eine Wahlveranstaltung. Die Politiker standen auf einer Tribüne. Am Ende ihrer Reden applaudierten sie sich selbst mit Klatschen. Das brachte mich auf die Idee, dies karikaturistisch in einer Plastik darzustellen, drei Herren mit übergroßen klatschenden Händen.

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Ich zeige Fotos, wie ich die Plastik aufbaute und Details modellierte:

Nach zwei Wochen Trockenzeit glasierte ich die staubtrockene Figur mit selbst hergestellten Glasuren aus Asche. Tano brannte sie nach einigen Tagen Trockenzeit bei 1250°C (Steinzeugtemperatur) im Brennofen. Statt einem Schrühbrand, den man gewöhnlich bei 950°C voran stellt, schaltete Tano einen fünfstündigen Trockenbrand bei 150°C vor.

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Rauchbrand in der Tonne mit Inselromantik

Das Paradies liegt nicht zwischen Euphrat und Tigris sondern ganz nah, zwischen dem Wackbach und dem Wiesbach. Nur eine schmale kleine Brücke führt zu dem Stückchen Land, auf dem sich diese zwei Bäche vereinigen und letztendlich in Richtung Garten Eden fließen. Zusammen mit den Flüssen Leitzach, Mangfall, Inn und Donau erreichen sie das Schwarze Meer. Diesen Weg wollte auch unsere Holzbrand-Tonne nehmen.

Bevor ich die Geschichte erzähle, möchte ich noch das paradiesische Plätzchen unserer Freunde Christl und Reinhard beschreiben. Sie leben dort wie auf einer Insel. Es gibt nur ein Häuschen, einen Schuppen, eine Töpferwerkstatt, eine Wiese, einen Garten und einen Strandkorb. Letzterer fällt einem zuerst ins Auge. Passt so gar nicht zu den bayrischen Bewohnern und ihrem Haus mit Fensterläden und Geranien in den Blumenkästen.

Während die Gastgeberin den Kaffee vorbereitete, genossen wir liegend im Strandkorb die Inselromantik, die Atmosphäre und den Liebreiz um uns herum. Statt Meeresrauschen hörten wir das Plätschern des Wackbaches und statt Sandhäufchen sahen wir zur rechten Seite den Wendelstein und links den Seeberg. Urlaubsstimmung pur.

Tano und ich sind jedoch auf die Insel gekommen, um zu arbeiten und gemeinsam Christls und meine Keramiken in der Tonne zu brennen.

HolzbrandAbgeschieden von der Zivilisation störte der anfängliche Rauch niemanden. Wir Frauen schlichteten unsere Keramikwerke zwischen Sägespäne und Holz in die Tonne. Ums Holz kümmerte sich Reinhard und ums Feuer Tano. Vorgenommen hatten wir uns, die Tonne erst auszuleeren, wenn der Brand völlig zu Ende war.

Vor unserem Abschied holte Tano für mich Ungeduldige noch einige obenliegende Schüsselchen heraus. Besonders gute Farbnuancen bekamen meine Arbeiten nicht. Christls Warten auf den nächsten Tag hatte sich gelohnt.

Die Geschichte mit der Tonne ist noch nicht zu Ende erzählt. Beim Säubern der Tonne rutschte die Tonne über die Bachböschung und schwamm wie ein Boot in Richtung Schwarzes Meer. Zum Glück hielt sie ein Fels an der Inselspitze fest.

„Des mach ma boid wida“ waren unsere Abschiedsworte.

Aber nicht an einem Wochenende, denn da gleicht die Insel eher einer Arche Noah. Gleich über dem Bach verläuft die Hauptstraße, auf der die Motorradfahrer zum Sudenfeld hoch brausen, oder im Winter die Skifahrerkarawane vorbeizieht.

Daheim angekommen, noch ganz befangen vom himmlischen Aufenthalt auf der Insel, spürte ich plötzlich, dass auch wir paradiesisch leben, zwischen Walberg und See, zwischen dem Bach der Weißach und der Bauernwiese mit Kühen und Pferden.

Unsere Weißach mündet in den Tegernse, deren Ausfluß die Mangfall ist und letztes Ende wie der Wies- und Wackbach das Schwarze Meer speist.

Horst Janssen im Olaf Gulbransson Museum Tegernsee

„Ich will Norweger werden“

Horst Janssens Reise nach Skandinavien mit Gesche Tientjens

Es war wieder so ein Regentag, der versuchte, wie in letzter Zeit so oft, aufs Gemüt zu schlagen – wäre da nicht die Eröffnungsfeier der Ausstellung von Horst Janssen (1929-1995) gewesen. Das Gulbransson-Museum präsentiert die Bilder aus seinem Reisetagebuch durch Skandinavien.

Es war Gesche Tientjens, seine Lebensgefährtin, die ihn zu der Reise angeregt hatte. Und es war auch sie, die mich jetzt begeisterte, als sie über den Künstler sprach.

Sie ist eine zarte, jugendlich wirkende Frau, sehr lebendig und engagiert, obwohl nicht mehr jung. Ohne zu verklären, erzählte sie über die vierjährige Beziehung mit dem schwierigen Künstler. Sie sagte: „Im Grunde ging es immer nur um ihn, um seine Befindlichkeit, sein seelisches Gleichgewicht, sein Arbeitskönnen. Unter Liebe verstehe ich auch noch etwas mehr Bilaterales.“

Von ihm selbst stammen die Worte: „Allein bin ich gut. Zu zweit bin ich eine Katastrophe. Allein kann ich nicht sein.“

Das erste Bild, das ich in der Ausstellung betrachtete, schlug mich in seinen Bann. Unter der Arbeit stand folgender Text:

Irgendwo wieder Rast an einem See. Ich zeichne ein paar Boote, weiter an einem diesmal orange- und gelbflammenden Sonnenuntergang entlang, der unter den sensationellsten Variationen zwei Stunden anhielt und den Horizont rundum illuminierte.“

Wie er den Sonnenuntergang malte, erinnere ich mich nicht mehr. Ich starrte nur auf das Datum. Es bewegte mich. Es war derselbe Abend, an dem ich meine älteste Tochter gebar.

An die zwanzig Zeichnungen waren um diesen Tag herum entstanden. Manche waren sogar mit Uhrzeit signiert. Zum Beispiel am 18. September um 14:10, 18:45, 19:10 und 17:15 Uhr.

Ich war zu sehr mit mir beschäftigt, nur schwach erinnere ich mich an die Landschaften, an Schwemmholz, Blumen, Vasen und Blicke aus Fenstern. Ich muss die Ausstellung noch einmal besuchen.

Die Ausstellung ist noch bis zum 11. September 2016