64. Tegernseer Ausstellung

Letzte Woche ging die Tegernseer Ausstellung wieder zu Ende. Riccardo war mit seinem „Househead“ und der dreiteiligen Serie „Maus Dämon“ vertreten. Ich konnte meine Plastik „in Augenhöhe“ zeigen, die ich schon im Frühjahr in Landau zum Thema Kontrovers eingereicht hatte.

Wie im letzten Jahr gab die Kuratorin Ursula Fitz einen schönen Katalog heraus, in dem jeder Künstler mit einem Bild und eine Kurzvita vertreten war.

Die Ausstellung war dieses Jahr spartanischer mit Werken bestückt und gab den einzelnen Werken viel Raum. Zum Beispiel hatte Michael Herden eine ganze Wand für seine Graphitzeichnungen, Ursula Fitzs „Ikarus“ hatte viel Luft um die Installation herum und auch Riccardos Bleistiftzeichnungen waren mit etwas Abstand zu den Malereien aufgehängt. Meine Arbeit war im Vorraum die einzige Plastik.

Nicht alle eingereichten Werke von neuen und altbewährten Künstlern wurden angenommen. Das macht traurig.

Frau Fitz sprach bei ihrer Eröffnungsrede das Problem an, wie schwer die Auswahl für die Juroren ist und wie weh es einem tut, wenn die eigene Arbeit ausjuriert wird.

 

Vernissage und Eröffnung der Dependance der Heitsch Galerie.

Jörg Heitsch, der in München am Gärtnerplatz seine Galerie führt, hat am 29. September in seinem Wohnort in Bad Wiessee eine Zweigstelle gegründet. Zu dieser Eröffnung präsentierte er die großen Stahlskulpturen von Herbert Mehler in seinem Garten.

Auf der Einladung beschreibt der Galerist die Werke: „Die Amorphen Stahlskulpturen verweisen auf archaische Urformen der Natur und Geometrie“.

Auf mich, Tano und Riccardo wirkten sie wie Pflanzen und Früchte; durch die lamellenhafte Oberfläche gleichen sie Samenkapseln. Der rostfarbenen Cortenstahl der modernen Skulpturen harmonierte einträglich mit dem sonnenverwitterten  Holz des Nachbarhauses im bayerischen Stil. Die Farbe  war fast gleich, sie verband die Moderne mit dem Althergewöhnten.

Was mir noch sehr gut gefiel war der rund angelegte Garten der Hausherrin inmitten des Skulpturengartens. Eine geglückte Symbiose, vielleicht ungewollt, aber passend zum Thema der Ausstellung „Parallelnatur“. Neidvoll betrachtete ich die großen Sonnenblumen und die vielen großen Tomaten an den Stauden.

Seeseiten – Interview von Sonja Still

Mitte September lag die vierteljährige Zeitschrift „Seeseiten“ als Beilage in der Tegernseer Zeitung.

Mit Spannung und Mutterstolz las ich das Interview von Sonja Still  mit dem Titel: „Nichts ist wichtig, nur das Zeichnen“ und dem Untertitel „Eine bayrisch-italienische Künstlerfamilie und ihr Jüngster – Begegnung mit Riccardo Milazzo.“ Die Fotos dazu machte Thomas Plettenberg.

Für mich war es ein guter, fast philosophischer, sehr intimer Bericht über Riccardo als Künstler. Das Interview findet man in der Zeitschrift auf Seite 34.

Von Sonja Still las ich das Buch „Einmal zum Horizont und zurück“. Der Untertitel „Reisen für die Seele“ sagt schon alles. Sonja Still gibt viel Vertrauliches von sich preis. Es ist ein sehr persönliches Buch.

Auf der Rückseite des Buches steht über ihre Sinnsuche: „Auf ihren Reisen rund um den Globus macht sie die Erfahrung, dass es nicht eine, sondern viele Antworten darauf gibt – und die können auch ganz einfach sein.“ Ich hatte das Buch in einem Zug gelesen.

Nachdem ich in Spiegel Online eine schöne Rezension über Sonja Stills Reiseführer „Wiesn 2013“ las, kaufte ich ihn und las ihn mit Freude, obwohl ich kein Fan vom Oktoberfest bin.

Mehr über sie auf ihrem neuen Blog http://www.sonja-still.de/

Vom Museum „Punta della Dogana“ zum Lenbachhaus

Punta della Dogana

Tano und ich gehörten zu den ersten Besuchern des Museums „Punta della Dogana“, das 2009 von Francois Pinaults in Venedig eröffnet wurde. Wir waren damals so begeistert, dass wir es jetzt zum dritten Mal besuchten.

Wiederum hat uns der Bau sehr beeindruckt. Der japanische Architekt Tadao Ando hat das Zollhaus aus dem 17. Jahrhundert umgebaut. Er stellte, einfach gesagt, einen zweigeschossigen Beton-Bau in das alte Gebäude hinein. Die alten Mauern aus roten Ziegeln und die wuchtige Holzbalkendecke harmonieren wunderschön mit dem blank polierten Beton des Neubaus. Die halbrunden Fenster zum Canal Grande und zum Meer wirken wie gemalte Bilder.

Im Zweijahresrhythmus wechseln die Ausstellungsstücke. „Primateria“ las ich als Titel auf dem Handzettel des Museums. Erst Daheim konnte ich es als Prima Materia entziffern.

Da wurde mir erst klar, wie großartig Roni Horns Installation „Well and Truly“ (2009/10) in das Konzept der Kuratoren passte. Bei ihren halbkugeligen Glasblöcken meinte man, über den Rand gefüllte Schalen mit Wasser zu sehen. Ich hatte Angst daran zu stoßen, als könnte beim leichtesten Hauch das Wasser überschwappen.

Ebenso aus Glas waren die Kristallschädel von Sherrie Levine. Ihre durchscheinenden Totenköpfe waren einzeln in Vitrinen ausgestellt. Ob jeder gleich oder anders geformt war, konnte ich nicht ergründen.

Vor kurzer Zeit las ich einen Artikel über die Appropriation Art (bewusstes Kopieren). Sherrie Levine wird dieser Kunstrichtung zugeordnet.

Künstler bleiben in meinem Gedächtnis, wenn ich deren Werke in einer anderen Ausstellung wieder entdecke. So ging es mir eine Woche später im Lehnbachhaus, als ich ähnliche Selbstbildnisse und fast gleiche Zahlenbilder von Roman Opalka wie in Venedig sah.

Er zeichnete mit weißer Farbe tagebuchartig Zahlen von 1 aufwärts, auf immer helleren Untergrund. Die Bilder, die ich sah, waren schon weiß auf weiß. Vorletztes Jahr starb der Künstler.

Sollte ich wieder nach Venedig kommen, Punta della Dogana möchte ich noch einmal sehen.

 

Lenbachhaus

Die Jahreskarten für das Lenbachhaus hatten wir schon im Januar gekauft, als das Lenbachhaus noch im Bau war. Vier Jahre dauerten die Restaurierungen durch den Architekten Normen Foster.

Am bisher heißesten Tag des Jahres machten wir uns auf den Weg. Schon mal gut war die angenehme Temperatur in den Zimmern. Eigentlich wollte ich hauptsächlich auf die Gestaltung der Räume achten, vergaß es aber. Zu schön war das Wiedersehen mit den bekannten Bildern der Künstler des Blauen Reiters und der neuen Sachlichkeit. Ich fand Hubbuch-Ölbilder und ein Bild von Willi Geiger, dem Vater von Rupprecht Geiger. Von beiden Künstlern hängen Grafiken in unserem Wohnzimmer.

Im Raum, in dem die Zahlenbilder von Roman Opalka hingen, waren Arbeiten von On Kawara. Auf schwarzen Schachteln stand jeweils ein Datum, z. B. 14.Nov.68. Einige dieser Datumsbilder sah ich schon im MMK, dem Museum für moderne Kunst in Frankfurt. Ich hatte gelesen, dass es bisher schon 2000 Datums-Bilder gibt. Das Thema „das Vergehen der Zeit“ und die Umsetzung durch den verstorbenen Opalka und den 80 jährige Kawara gefallen mir und berühren mich.

Es gäbe soviel zum Erzählen: Erwin Wurms witzige Gurke, Gerhard Richters schwindelerregendes Streifenbild „Strip2012“, Ceal Floyers bunte Punkte „Ink on Paper“ und, und …

Gut, dass wir eine Jahreskarte haben.

Biennale Venedig 2013

Drei Kilo und 284 Gramm „Katalog“ schleppte Riccardo vom Büchershop der Biennale zu unserem Hotel in Mestre. Der Katalog ist in zwei Bücher aufgeteilt, Hauptausstellungen und Länderbeiträge. Ich hätte ihn nicht gekauft. Doch ich war dann doch sehr froh, nachschauen zu können. Es gab viel zu viel zum Sehen, manches habe ich gleich vergessen und manches übersah ich.

Massimiliano Gioni, der Biennaledirektor, nannte die zentralen Ausstellungen in den Giardini und dem Arsenal „Palazzo  Enciclopedico“. Die vielen unterschiedlichen Ausstellungsstücke verwirrten mich. Fotos von Familienalben und afrikanischen Haarfrisuren, eine Performance vor Tafelzeichnungen von Rudolf Steiner, Häuser für eine Spielzeug-Eisenbahnlandschaft und eine Steinsammlung – ergaben für mich ein Sammelsurium einer Wunderkammer.

Erst langsam erschloss sich mir Gionis Anliegen, die Frage, was ist Kunst.

Er wählte verstorbene und junge Künstler aus, Bekannte und Unbekannte. Er unterschied nicht zwischen Außenseitern, Autodidakten, Hobbyisten und Berufskünstlern. Es ging ihm um Echtheit und Glaubwürdigkeit, Phantasie und Leidenschaft, um die Suche des Ursprungs der Kreativität. Weg vom Markt und Stargehabe.

Für mich sind es mutige, neu ausgesprochene Gedanken, die Gioni  in einer der größten und bedeutsamsten Kunstausstellung der Welt eindrücklich sichtbar machte.

An dem Tag, als wir heim kamen, las ich in unserer Tegernseer Zeitung ein Interview mit dem Organisator der Bayrischzeller Kunstausstellung mit der zur Biennale konträren Überschrift „Hobbymaler haben keine Chance mehr“ und als Schlusssatz „Ich möchte noch mehr namhafte und interessante Künstler einladen.“ Interessant kann man gelten lassen.

 

KulturBegegnung Nr. 19

Jedes Jahr, Anfang Mai und Anfang Oktober, kommt die neue Kulturzeitung der Kulturvision Miesbach heraus. Jedes Mal freue ich mich, wenn ich sie in meinen Händen habe. Schnell durchblättern und dann weglegen kann man sie nicht.

Allein das große Format zwingt einen, sich an einen großen Tisch zu setzen, um sie aufschlagen zu können. Nur in ihrer ganzen Breite sieht man ihre wunderschöne grafische Gestaltung. Schrift und Bilder ergänzen sich. Mal ist der Hintergrund farbig, mal die Schrift, die Farbe kräftig aber auch zurückhaltend, stets passend zum Inhalt der Artikel. (Kaufmann Grafikdesign)

Die Redakteurin Frau Dr. Gierth und ihr Team gelingt es, die unterschiedlichsten Beiträge unter ein gemeinsames Thema zu stellen. Der Titel der letzten Ausgabe war „Freude“.

Die jetzige Ausgabe erwartete ich mit Spannung. Auf den Seiten der jungen Künstler stand ein Bericht über Riccardo. Der Fotokünstler Alois Pribil hatte ihn interviewt und fotografiert. Er hat gut über Riccardo geschrieben.

Mir gefällt die „KulturBegegnung“, wie die Zeitung heißt, auch deshalb, weil ich die „Macher“ der Zeitung kenne und mag.

Gulbranssonmuseum Tegernsee „Olaf im Gras“

Olaf in 3 D

Olaf im Gras

Das Selbstbildnis „Olaf im Gras“ wurde zum Maskottchen des Gulbranssonmuseums in Tegernsee. Sogar an der A8 sieht man in Richtungen München und in Richtung Salzburg je eine große Tafel mit diesem Bild.

Seit vorigem Jahr bietet Frau Wiedemann, die Leiterin des Museums, ein museumspädagogisches Programm an. Sie hatte die Idee, Kinder könnten in einem Ferienworkshop den „Olaf im Gras“ plastisch darstellen.

In den Pfingstferien war ich dann mit sieben Kindern im Alter von 7-12 Jahren im Museum, im Gepäck zwei Hubel Ton und Werkzeug für alle. Es entstanden wunderschöne, sehr unterschiedliche Plastiken, in stilisierter bis realistischer Form, in technisch ausgeklügelter oder phantasievoller Ausarbeitung.

Flyer der Sonderausstellung Olaf Gulbransson 3D

Flyer der Sonderausstellung Olaf Gulbransson 3D

Sehr liebevoll gestaltete Frau Wiedemann die Kindervernissage, wie bei einem großen Künstler mit Ansprache, Diaschau, Pressefotograf, Flyer und Umdrunk. Sie hatte die Kinderarbeiten großartig präsentiert, auf Säulen mit Glassturz, in der Mitte eines Ausstellungsraumes mit Bildern von Gulbransson an den Wänden.

Toskana

Florenz

Florenz war voll von Besuchern. Gut, dass die bekannteste Skulptur „David“ vor dem Palazzo Vecchio fünf Meter hoch ist, so konnte ich sie von weiten sehen.

Ich wollte mich anfangs nicht durch die Menge drängeln, so fotografierte ich aus Frust Michelangelos David in Klein bei den Nippsachen eines Andenkenstands.

Auf der Ponte Vecchio in der Mitte bei den Arkadenbögen konnte ich nur einen Blick auf den Himmel erhaschen.

Palazzo Vecchio und David von Michelangelo

Am Nachmittag kamen Tano und ich doch noch in den Genuss, David von allen Seiten betrachten zu können. Wegen den Warteschlangen an der Kasse des Palazzos Vecchio verzichteten wir auf einen Besuch und hielten uns nur im Eingangsbereich auf. 1446 baute Michelozzo di Bartolomeo den damals 100 Jahre alten Innenhof im Frührenaissancestil um. Weitere 100 Jahre später malte der vielseitige Giorgio Vasari ihn aus.

Bronzetüren am Florentiner Baptisterium

Michelozzi arbeitete als Schüler von Lorenzo Ghiberti an der zweiten Tür des Baptisteriums mit. Ghiberti gewann bei einer Ausschreibung den Auftrag, später sogar noch für die dritte Tür. Michelangelo fand letztere so schön, dass er sie „das Tor zum Paradies“ nannte.

Das erste Bronzetor schuf Andrea Pisano 1330 noch ganz im Stil der Gotik, während man bei Ghilbertis ganz deutlich den Übergang zur Renaissance sieht. Zwischen dem Beginn und der Fertigstellung der drei Tore liegen 120 Jahre.

Portal San Ranieri in Pisa

Ganz glücklich war ich, dass ich dann auch noch in Pisa das romanische Portal San Ranieri (Hl. Reiner) an der Kathedrale sah. Bonanno Pisano vollendete es 1180, also 150 Jahre vor Pisanos Tor in Florenz. Auf den ersten Blick sind die florentinischen Türen und das pisanische Portal ähnlich: in der Größe, der Aufteilung in Felder und dem Material Bronze. Doch kunstgeschichtlich liegen Welten dazwischen.

An den Halbreliefs am Ranieritor fehlt die Perspektive, das Größenverhältnis der Figuren stimmt nicht und die Mimik ist steif. Es richtet sich alles nach der inneren Bedeutung und sagt viel aus. Fast möchte ich sagen die Darstellungen wirken modern, sie sind ausdrucksstark. Sie gefallen mir sehr gut, sie sprechen mich an.

Giovanni Pisano und sein Vater Nicola

Mit dem Familiennamen Pisano kam ich durcheinander. An der sechseckigen Marmor-Kanzel in der Kathedrale hatten zwei andere mit dem Namen Pisano gearbeitet, Giovanni Pisano und sein Vater Nicola. Obwohl es ein Relief war, wirkten die Figuren durch tiefe Schatten dreiseitig, fast vollplastisch. 1311 war die gotische Kanzel fertig.

Loggia dei Lanzi  neben dem Palazzo Vecchio

Die Loggia dei Lanzi kommt jedem Münchner bekannt vor. Ein Plagiat steht am Odeonsplatz – die Feldherrnhalle. Statt den beiden Medici-Löwen sieht man in München den bayerischen und preußischen Löwen, der bayerische Löwe mit geschlossenem Maul und der andere mit geöffnetem.

Noch einmal zurück zum Palazzo Vecchio

Trotz der großen Menschenmenge fanden wir auf einer Seite des Innenhofes einen leeren, fast ruhigen Platz. Es fand gerade eine Fotoausstellung von Stefano Guindani mit dem Thema „Saut d´Eau- Haiti“ statt. Der Künstler ist Modefotograf der Zeitschrift Vogue. Er zeigte aber keine Modefotos sondern eine soziale Bilder-Reportage. Wir sahen beeindruckende Bilder von einem gewaltigen Wasserfall, unter dem sich Männer, Frauen und Kinder reinigen. Der Ort heißt Ville Bonheurein und ist für die Haitis ein heiligen Ort, an dem einige die Voodoo-Rituale ausüben und andere die christlichen Reinigungs-Zeremonien.

Noch stärker beeindruckte mich dort eine weitere Fotodokumentation: „La strage dei via die Georgofilie“. So heißt das Attentat, welches vor 20 Jahren bei den weltberühmten Uffizien eine Familie tötete und viele Personen verletzte. Viele Gemälde und Skulpturen wurden zerstört oder beschädigt.

An dem Tag, an dem wir in Florenz waren, gedachte man dieses schrecklichen Tages. Zum Gedenken waren die Uffizien kostenlos für die Besucher.
In der Zeit nach dem Attentat zerbrachen oder zersplitterten sich die staatstragenden Parteien. Berlusconi trat in die Politik ein. Sein Freund und engster Mitarbeiter wurde wegen Unterstützung der Mafia zu Gefängnis verurteilt. Der Senatspräsident Pietro Grasso sagte bei der Gedenkfeier: „Zu viel der Tragödie bleibt nach wie vor im Dunklen.“

Installation im Palazzo Strozzi

Frederico Gori

Tano und ich freuten uns, als wir im Innenhof des Palazzos Strozzi noch einmal eine zeitgenössische Installation sahen. Das Kunstwerk von Frederico Gori hatte den Titel „Di fragilità e Potenza“ (Zerbrechlichkeit und Kraft).

Es war eine sieben Meter hohe Steineiche samt Wurzeln aufgehängt, und rundherum unter den Wurzeln waren Kupferplatten mit Abdrücken von Blättern und Rinde aufgestellt. Am Boden und auf den Kupferplatten war Wasser.
Als Erklärung stand: „Eine Meditation über zwei Pole: Stärke und Macht gegen Zärtlichkeit und Zerbrechlicheit … die uns auf die Beziehung zwischen Mensch und Natur auffordert.“
Mir gefiel die Installation ausgezeichnet, zu sehen, dass ein Austausch der zeitgenössischen Kunst und der Geschichte der Renaissance möglich ist.

Michelangelo und Carraramarmor

Zurück zu Michelangelos David. Zwei Bildhauer scheiterten schon am Auftrag, aus einem riesengroßen Carrara-Marmorblock eine David-Figur zu schlagen. Michelangelo schaffte es, den von seinen Vorgängern grob behauenen Stein zu vollenden und wurde dadurch schon mit 24 Jahren berühmt.

Ich dachte nicht, dass ich einmal einen Carrara-Marmorsteinbruch der Apuanischen Berge sehen würde. Eine Straße mit zahlreichen Serpentinen führte uns nach Colonnata zu einem gewaltigen Steinbruch. Schon von den Römern gegründet, geht der Name „Colonnata“ auf eine Kolonie von Sklaven zurück. Ich konnte es nicht lassen, ein paar kleine Marmorstücke mitzunehmen. Jetzt reut es mich, dass ich nicht ein großes Stück in meine Tasche gesteckt hatte.

Pietrasanta

In der kleinen Stadt mit dem wunderschönen Namen „Pietrasanta“ war unsere Unterkunft. Den Namen, übersetzt „der Heilige Stein“, fand ich schön. Interessant waren für mich auch die vielen Steinmetzbetriebe entlang der Straßen, vom großen „Henraux“  bis zum kleinen Handwerker, und die Lagerplätze mit großen Marmorblöcken und Marmorsteinen in unterschiedlicher Körnung.

Pietrasanta, die Stadt der Kunst und der Künstler, ist ein Zentrum für die Steinmetzkunst, mit Werkstätten und Ausbildungsstätten. Dazu gibt es auch noch Bronzegießereien.
Künstler wie Henry Moore, Miro, Araldo Pomodoro, Pietro Cascella und Kan Yasuda haben dort schon gearbeitet, in früheren Zeiten Michelangelo und Vasari.  Seit den 70er Jahren ist die Stadt Wahlheimat von Fernando Botero aus Kolumbien. Im letzten Jahr feierte er in Pietrasanta seinen 80. Geburtstag mit einer großen Ausstellung.
Er spendete Pietrasanta die große Bronzefigur „II Guerriero“ (Der Krieger). Die Stadtväter mussten lange diskutieren in welche Richtung sie das Hinterteil der nackten Figur vor dem Rathaus drehe sollten. Die tonnenschwere Figur musste ein zweites Mal gedreht werden.

Das weiße Material hatte mich bisher nicht gelockt. Eine Form aus einem Marmorblock zu schlagen würde ich jetzt ganz sicher nicht mehr verachten. Einen Kurs in Pietrasanta würde ich nicht ausschlagen.
Und wenn ich viel Geld hätte, könnte ich ein Modell von mir von einem Mamorist in Marmor machen lassen.

Blick aus unserem Fenster

Blick aus unserem Fenster

In Krumau und Budweis

Egon Schiele

Faszinierend der Blick von der Burg hinunter zur Moldau. Ich war mit Tano nicht in Prag, sondern in dem kleinen Städtchen Krumau, tschechisch Český Krumlov.

Ich versuchte diesen großartigen Anblick mit dem Fotoapparat einzufangen. Dach an Dach, unterschiedlich hoch, eingezwickt und in unterschiedlichen Giebelrichtungen stehen die Häuser. Nur die Moldau unterbricht und teilt das Häusergewirr und schlingt sich wie ein Rahmen um einen Teil der Stadt. Ein pittoreskes Stadtbild in den Farben terrakottarot und erdig mit weißen und dunklen Akzenten.

Sofort dachte ich an die Bilder von Gustav Klimt und Egon Schiele.
Jetzt weiß ich, warum Schiele gern in der schönen Heimatstadt seiner Mutter geblieben wäre. Im Jahre 1911 empörten sich die Bewohner über ihn. Seine jungen Mädchen als Modelle und sein Leben in wilder Ehe waren zu viel für sie. Nach nicht einmal einem Jahr Aufenthalt konnte er nicht mehr bleiben. Er wurde zu drei Tagen Haft wegen Verbreitung unsittlicher Zeichnungen verurteilt.

Doch jetzt nach hundert Jahren rühmt sich die Stadt, dass die Zeit in Krumau Schieles schaffenskräftigste war. Die Bilder mit Titeln wie z. B. die kleine Stadt, gelbe Stadt, tote Stadt und Stadt am blauen Fluss sind Ansichten ihrer Stadt.

Unsere Stadtführerin lotste uns an die Stelle, von der man das kleine gelbe Haus mit dem Balkon sehen konnte, in dem Schieles Mutter wohnte.

Auf unsere Bitte hin, führte sie uns am Egon Schiele Art Centrum vorbei. Vor zwanzig Jahren wurde die ehemalige Stadtbrauerei aus dem 16. Jhdt. renoviert. und ist nun ein Kulturzentrum, das Egon Schiele gewidmet ist.


Egon Schiele Art Centrum in Krumau

Auf dem Rückweg zum Bus kamen Tano und ich, bepackt mit Budweiser, Pilsner Urquell und einer Tüte mit Kohinoor Hardtmuth Bleistiften wieder am Schiele Centrum vorbei. Obwohl wir nur noch eine halbe Stunde Zeit hatten, überlegten wir nicht lange und zahlten den Eintritt.

Neben der ständigen Ausstellung über Egon Schieles Leben und Werk gibt es auch Saisonausstellungen. Der Titel der diesjährigen Ausstellung lautet Intimissimo (Privatleben).

Leider reichte die Zeit nur für zwei der fünf ausstellenden Künstler. Wir lernten die Arbeiten der Tschechin Alena Kupčíková und der Österreicherin Miriam Schwack kennen. Beide kannten wir nicht.

Miriam Schwacks Werke waren sehr prägnant, besonders ihre Acrylbilder mit dem völlig schwarzen Hintergrund und den partiell angeordneten, hellen Gesichtern.

Nicht so schnell werde ich die Arbeiten von Alena Kupčíková vergessen. Die zarten Bleistiftlinien ihrer erotischen Aktdarstellungen entpuppten sich als Haare; hauptsächlich waren es weibliche Schamhaare, vereinzelt auch Tierhaare. Für mich waren die Bilder sehr intim und trafen das Thema sehr gut. Ich hatte aber auch das ungute Gefühl, welches man hat, wenn man ein fremdes Haar in der Suppe findet.

Ich erinnerte mich an die Documenta12. Sehr apart fand ich damals die Stickereien der chinesische Künstlerin Hu Xiaovuan auf weißer Seide in alten Stickrahmen. Das Garn war ihr eigenes Haar.


Bleistifte aus Budweis

Vor der Reise nach Budweis und Krumau nahm ich mir ganz fest vor, Riccardo die Bleistifte Koh-i-Noor Hardtmuth mitzubringen, falls ich Gelegenheit habe. Den schönen Namen Koh-i- Noor trägt ein indischer Diamant.

Früher kamen die Graphitstifte aus England. Sie waren hart und teuer. Graphit wurde mit Schwefel geschmolzen, abgekühlt und in Stäbe zerschnitten.

1790 erfand Josef Hardtmuth eine geschmeidigere Masse. Er mischte Graphitstaub mit Ton und Wasser, drückte die Masse durch Matrizen und erreichte durch verschiedene Brenndauern Minen mit unterschiedlichen Härtegraden.

Im 18. Jahrhundert wurde in der Nähe von Krumau ein Graphitlager entdeckt. Nachdem die Firma Hardtmuth Abnehmer des Graphits war, begann der Abbau. Hardtmuth verlegte sein Unternehmen von Wien nach Budweis  Die Gesellschaft existiert noch heute.

Die Bleistifte fanden Tano und ich in einem Künstlerbedarfgeschäft in Krumau. Der Laden war voll mit japanischen Touristen. Ich wunderte mich. Sind die Stifte auch in ihrem Land bekannt? Kein Wunder, Riccardo liebt auch die japanischen Tuschestifte.

Fazit: Die Bleistifte gibt es bei uns auch, in der gleichen Verpackung, mit der gleichen englischen Beschriftung und wahrscheinlich auch zum gleichen Preis.
Ob sie tatsächlich in der Tschechischen Republik hergestellt wurden ist bei einem Unternehmen mit vielen Tochtergesellschaften auch nicht sicher. Trotzdem freue ich mich über ein Mitbringsel aus Krumau.


Krumau

Das Zentrum des Ortes mit Sehenswürdigkeiten aus der Gotik, der Renaissance und dem Barock ist Unesco Welterbe.

Fachkundlich und epochal beraten ist alles prächtig und strahlend restauriert und unauffällig und dezent zu Restaurants, Cafés, Hotels oder Andenkengeschäften um- und hergerichtet. Sogar der Stein an der Stelle, wo man früher die Delinquenten köpfte, ist mit einem Kreuzchen markiert.

Ein wundervoller Ort, fast zu schön, als wäre alles für mich aufgebaut worden.

Auf den unregelmäßig verlegten, großen und kleinen Pflastersteinen, schnackelten meine Füße um, obwohl ich feste, flache Schuhe trug. Das gehört ebenso dazu, wie die
zwei Polizisten, die uns in unserem Bus eine dreiviertel Stunde warten ließen, und die große drehbare Zuschauertribüne mitten im schönen barocken Garten (für das Unesco Erbe ein unhistorisches, störendes Unikum) eigentlich auch.

Ich trug ja auch die Karlsbader Oblaten mit nach Hause, obwohl ich sie gar nicht mag.

Katolsk Bönbok – Gebetbuch aus Schweden

Vor 50 Jahren gingen unsere Wege auseinander. Sie ging nach Schweden, ich blieb. Wir verloren uns, aber nie ganz aus den Augen. Unsere fünf Jahre gemeinsamer Schulzeit im Kloster der Armen Schulschwestern schweißten uns zusammen. Die Kunstbegeisterung unserer Lieblingslehrerin, Schwester Gunifortis, schwappte auf uns über. Wir lernten, die S-Form einer gotischen Marienfigur schön zu finden und eine Apostelfigur der Nazarener als sentimental zu sehen.

Sie, Toni aber war`s, die mich ins Haus der Kunst mitschleppte. Sie kannte St. Andreas, den ersten modernen Kirchenbau in München. Sie wusste wo wir Sep Rufs neue Kirchenbauten bewundern konnten.

Vor ein paar Tagen bekam ich von Toni ein Päckchen mit einem wunderschönen kleinen Büchlein, einem Katolsk Bönbok aus dem Verlag ihrer Tochter und Schwiegersohns. Der Goldschnitt, die hauchdünnen Seiten und die verschiedenfarbigen Stoffeinmerker machen das Gebetbuch zu einer kleinen Kostbarkeit. Ich freute mich so sehr, dass ich sogar die Nazarenerbilder und die verschnörkelten Verzierungen schön fand.

Vor einigen Jahren zeigte die Frankfurter Schirn die Nazarener in einer Ausstellung. Wer weiß, ob noch weitere folgen.

Ich lese gern im Bönbok, obwohl ich nicht Schwedisch kann, aber die Gebete sind einfach bekannt und die Worte klingen so schön althochdeutsch:
Herre, förbrma dig. God Fader i himmelen. O Gud, vi lovar dig.